Ein Hofmann, der den Feind von fern hat wahrgenommen,
Gibt ihn dem Teufel hin. Doch laß ihn näher kommen,
Da wirst du ander Spiel, da wirst du Wunder sehn,
Bereit mit Freundlichkeit ihm bald entgegen gehn,
Wird sprechen: O Glück zu! Mein Wunsch und mein Verlangen,
Mit welchen Freuden soll ich solchen Freund umpfangen?
Wie hat das gute Glück so plötzlich uns vergnügt.
Und so ein liebes Paar zusammen izt gefügt?
Warum ist mir so lang die Ehre nicht geschehen,
Daß ich den Bruder möcht in meinem Hause sehen?
Wie gehts der Liebsten doch? Hält die sich auch allhier?
Kehrt beyde zu mir ein, und nehmt vorlieb mit mir.
Der ander Heuchler auch, nach vielen Red und Fragen
Weiß seinen Rippelrey auch richtig her zu sagen,
Gebraucht derselben Kunst: Doch, ob er viel schon spricht;
Es ist nur oben hin, er glaubt ihm selber nicht.
Ein Unhold, der zuvor sein Weib trat mit den Füßen,
Spricht: Meine Liebste läst, mein Herr, euch freundlich grüßen.
Kein Baur hat nun ein Weib, sie muß die Liebste seyn.
Die Liebste steht im Stall und macht die Krippen rein.
Sitzt auch die gute Frau mit einem fremden Narren
Und höret unverhoft die Thür am Hause knarren:
Halt an, mein Liebster kommt? Versteckt das Gewehr
Wo führt der Kuckuck ihn, spricht sie, izunder her?
O alte Redlichkeit! Du Feindinn aller Sünden
Und Heuchelmummerey, wo soll man dich izt finden?
Das Gauckelspiel der Welt ist nichts als lauter List,
Die so voll Schand und Greul als schön von außen ist.
Wohl dem, der von der Welt und ihren falschen Tücken
Sich bald entreissen kan, und sich zur Tugend schicken!
Denn wer zum Guten kehrt und von dem Bösen läst,
Der ist ein ander Mensch und sündlich nicht gewest.
Joachim Rachel: Teutsche Satyrische Gedichte. Christian Ludewig Kunst, Berlin 1743, Seite 77. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Teutsche_satyrische_Gedichte_Wolfenbuettel.djvu/93&oldid=- (Version vom 1.8.2018)