Ein ander hat den Ruhm, daß er in allen Schmäusen,
Sich der Penäle Feind und Geissel will erweisen,
Theilt Nasenstieber aus, schlägt einen Landesmann,
Der etwa dreymal mehr, als er, versteht und kan.
Ein ander läst sich wohl sammt dreyen gar versperren
Und kürtzet seine Zeit mit hochgebohrnen Herren,
Bringt ohne Zauberey in einem Schlaf-Gemach
Den Cäsar, Hector, Carl und David vor den Tag,
Setzt Geld und Bücher auf bey einer freyen Zechen,
Darf wol den guten Pabst mit einem Bauren stechen,
Des Bannes ungeacht. Der Knecht Cyprin Roman
Schlägt seines Herren Weib. Ein ander gibt sich an
Bey Meister Firlefantz, lernt springen nach der Geigen.
Bald hat er seine Lust aufs höltzern Pferd zu steigen,
Bald muß das Messer her, versuchet wie ein Ey,
Ein Haas, ein Reh, ein Huhn, ein Fisch zu theilen sey.
Ein stiller Schleich-ins-Hauß hält sich zu Jungfer Käten,
Kommt oftmals ihr zu Dienst in finstern angetreten,
Stimmt seine Lauten an, erhebet nach der Kunst
Der Schönheit höchsten Preiß, und seines Hertzens-Brunst.
So geht es dorten her. So pfleget mans zu treiben.
Der Vater wundert sich, wo doch das Geld mag bleiben,
Das er dem Bothen gibt. Doch Lieb und Hofnung macht,
Daß alle Rechnung nicht so eben wird bedacht.
Dem Alten länget nur. Er wartet alle Tage,
Daß sein Phidippus auch das roth Paretlein trage,
Daß er in kurtzer Zeit für Meister mag bestehn,
Für allen seyn geschickt mit Künsten wol versehn,
Für allen tüchtig sey der gantzen Stadt zu nützen,
Die Unschuld für Gewalt und falsches Recht zu schützen,
Ja daß er mit der Zeit mag kommen in den Rath,
Da mancher viel Verstand und Witz vonnöthen hat.
Nun ist ja freylich wahr, daß hie auf dieser Erden
Mag nichtes seligers von GOtt gewünschet werden,
Joachim Rachel: Teutsche Satyrische Gedichte. Christian Ludewig Kunst, Berlin 1743, Seite 48. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Teutsche_satyrische_Gedichte_Wolfenbuettel.djvu/64&oldid=- (Version vom 1.8.2018)