Um diese wafnet sich kein gantzes Griechen-Land.
Um ihrent willen geht kein Ilion in Brand.
Ist deine Liebste reich? Sie machet dich zum Grafen.
Aus einem kalten Sturm in so gewünschten Hafen
So plötzlich angeschifft; in einem Augenblick
So wohl gesegnet seyn, das ist ein seltsam Glück.
Ist sie denn arm genung, und du kanst sie berathen,
Wohl dir! Du hast es gut. Die Thaler und Ducaten
Sind nützlich angelegt. Dagegen ist die Braut
Mit allen Kleidern dein, und mit der gantzen Haut.
Wo Gut und Geld gebricht, da läst sich Demuth finden.
Du wirst sie dir zu Dienst gehorsamlich verbinden.
Der Reichthum achtet nicht, wie hoch man ihn verehrt.
Gib dieser nur ein Brodt, sie hält es Ehren wehrt.
Das Gut pflegt mannigmahl den stoltzen Muth zu schärffen,
Und oftmahls bitterlich dem Manne vorzuwerffen:
All was du hast ist mein: Durch mich bist du ein Mann.
Ich lobe die, so diß nicht sagen will, noch kan.
Die Fromme rühmt sich selbst, und das mit Stilleschweigen.
Sie läst von ihrem Thun die Tugend selber zeugen.
Wie aber, wenn sie scharf und beißig ist gesinnt?
Ach! solche Laugen heilt den allerargsten Grind.
Ich habe wohl gesehn, nicht ohne Furcht und Schwitzen,
Dem auf ein einig Wort Sturm, Hagel, Donner, Blitzen
Aus einem Munde fuhr. Wer ihn von fernen her
Nur überzwerg ansah, der bracht ihn ins Gewehr.
So bald die Venus ihn mit güldnen Liebes-Stricken
Nur angeschnüret hat: Er wuste sich zu bücken,
Er folgte wie ein Schaaf. Ich sprach: Ist das der Mann,
Der Niemand was verschwieg, und nun nicht sprechen kan?
Nicht, daß er furchtsam wär zu sehen seines gleichen:
Nicht, daß er seinem Feind ein Haarbreit solte weichen;
Nein, sondern wenn die Frau ein ernstes Wörtlein sprach:
Die Zunge war verlähmt, die Hände matt und schwach.
Joachim Rachel: Teutsche Satyrische Gedichte. Christian Ludewig Kunst, Berlin 1743, Seite 16. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Teutsche_satyrische_Gedichte_Wolfenbuettel.djvu/32&oldid=- (Version vom 1.8.2018)