Nein, spricht er, solche Lust will ich so theur nicht kauffen,
Ich kan mich matt und müd in meinem Hause lauffen.
Hörst du die Nachtigal? Wie lieblich schlägt sie an?
Was gilts ob unser Hahn nicht besser krähen kan.
So last uns lustig seyn, und nach dem Spielmann schicken:
Davor, spricht er, laß ich die Schuh und Stiefel flicken.
Man sage was man will, man hat es keinen Danck.
Er strecket alle vier hin auf die Luder-Banck.
Ein solcher Eßig-Krug ist Posidipp gewesen,
Der nichts aus aller Lust als Unlust hat gelesen.
Zu Leuten wolt er nicht: Es käme bald ein Streit:
Zu Hause wär er auch von Sorgen nicht befreyt:
Der Feld-Bau habe Müh: Dem Meer sey nicht zu trauen:
Durch den zerrissnen Hut und leeren Beutel schauen
Sey auch nur Bettelwerck: Nehm er ein Weib ins Hauß,
So stieß er Mannes-Recht und alle Freyheit aus.
Ich lobe Metrodor und seinen Sinn für allen.
Der läst ihm Bös und Gut, als wie es kommt, gefallen.
Ich darf wohl weiter gehn, und sagen das dabey,
Daß auch der Mangel selbst nicht ohne Vortheil sey.
Ich will mit keiner List noch Kunst die Fehler decken.
Kein Marmor ist so weiß, er hat wohl einen Flecken.
Wenn Cynthia sich zeigt in ihrem vollen Licht;
So ist ihr heller Kreyß ohn allem Dunckel nicht.
Die Schönheit, wo sie ist, kommt leident wohl zu passe.
Es liebe mich mein Feind, wofern ich Schönheit hasse.
Doch setze, daß ein Weib von Ansehn häßlich sey,
Obs gleich den Augen schmertzt, ist doch ein Glück dabey.
Es wird kein frembd Gesicht sich bald an sie vergaffen.
Sie mag in stiller Ruh auch ohne Hüter schlaffen.
Kein Paris stellt ihr nach, kein wütender Tarquin:
Ihr Menelaus mag getrost von Hause ziehn.
Berühmte Schönheit wird zwar ohne Schuld gefunden,
Doch ist sie mit Gefahr sehr viel und oft verbunden.
Joachim Rachel: Teutsche Satyrische Gedichte. Christian Ludewig Kunst, Berlin 1743, Seite 15. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Teutsche_satyrische_Gedichte_Wolfenbuettel.djvu/31&oldid=- (Version vom 1.8.2018)