Als im letzten preusischen Krieg der Franzos nach Berlin kam, in die Residenzstadt des Königs von Preußen, da wurde unter anderm viel königliches Eigenthum weggenommen, und fortgeführt oder verkauft. Denn der Krieg bringt nichts, er holt. Was noch so gut verborgen war, wurde entdeckt und manches davon zur Beute gemacht, doch nicht alles. Ein großer Vorrath von königlichem Bauholz blieb lange unverrathen und unversehrt. Doch kam zuletzt noch ein Spitzbube von des Königs eigenen Unterthanen, dachte, da ist ein gutes Trinkgeld zu verdienen, und zeigte dem französischen Commandanten mit schmunzlicher Miene und spitzbübischen Augen an, was für ein schönes Quantum von eichenen und tannenen Baustämmen noch da und da beysammen liege, woraus manch tausend Gulden zu lösen wäre. Aber der brave Commandant gab schlechten Dank für die Verrätherey, und sagte: „Laßt ihr die schönen Baustämme nur liegen, wo sie sind. Man muß dem Feind nicht sein Nothwendigstes nehmen. Denn wenn euer König wieder ins Land kommt, so braucht er Holz zu neuen Galgen für so ehrliche Unterthanen, wie Ihr einer seyd.“
Das mus der rheinländische Hausfreund loben, und wollte gern aus seinem eigenen Wald ein paar Stämmlein auch hergeben, wenns fehlen sollte.
Bekanntlich giebt es in der französischen Armee viele Deutschgebohrne, die es aber im Feld und im Quartier nicht immer merken lassen. Das ist alsdann
Johann Peter Hebel: Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes. Tübingen 1811, Seite 158. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schatzkaestlein_des_rheinischen_Hausfreundes.djvu/166&oldid=- (Version vom 1.8.2018)