Sie sah ihn fragend an und konnte sich nicht erinnern.
„Sie haben versprochen, mir zu sagen, was für einen Eindruck Miß Betsy auf sie gemacht hat.“
„Ein bezauberndes Mädchen,“ rief sie ohne Zögern, doch mit einer Betonung, daß Heinrich eine Bewegung der Unruhe machte.
„Sie war heute nicht sonderlich gut aufgelegt!“ erklärte er und erinnerte sich an Betsys Schüchternheit und die ängstliche Neugier, mit der sie fortwährend Ada und ihn angeschaut hatte. „Ein originelles Haus, als hätte man die Leute lebend aus einem englischen Roman herausgenommen,“ fuhr er fort.
„Und namentlich die Tanten! Miß Ellen hat mir einen ganzen Stoß Broschüren mitgegeben …“
„Von der Bestimmung des Weibes! Ich kenne es auswendig, dieses altjüngferliche Gefasel. Sie gehört zu der ethischen Seite der ‚Evangelistinnen‘.“
„Mir wieder hat Mr. Yoe soviel Außergewöhnliches vor seiner Expedition nach Birma erzählt, daß es mir schon etwas phantastisch erschien,“ berichtete Heinrich.
„Es waren sicherlich keine Phantasien! Dies ganze Haus beherbergt eine hochstehende Klasse von Menschen in jeder Beziehung.“
„Aber sie haben uns doch sehr ‚englisch‘ empfangen! Man hätte sich einen Schnupfen holen können in dieser erhabenen, kühlen Atmosphäre …“
„Dir sind unsere Sitten lieber, wo man gleich beim Eintritt einen Doppelkuß bekommt, beim Abendbrot
Władysław Reymont: Der Vampir. Albert Langen, München 1914, Seite 260. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Reymont_-_Der_Vampir.djvu/260&oldid=- (Version vom 1.8.2018)