nach der Unsterblichkeit sehnen. Und es war wahr, was er zu seinen Jüngern sagte: Mein Reich ist nicht von dieser Welt. – Fürwahr, es gab nicht einen einzigen Augenblick, in dem er auf Erden geherrscht hätte. Es predigten ihn die Lippen und Kirchen, doch die Herzen der Menschen verleugneten ihn in jedem Augenblick des Lebens. Seinen Ruhm verkündeten die Kirchen, und er lag da, tot, von Verrat und Verleugnung hingemordet. Es war nicht seine Schuld, es war Paulus aus Tarsos, der nach der Herrschaft über die Juden verlangte, Christi Träume entstellte und aus dem Traum vom menschlichen Glück ein kaltes rationalistisches Staatssystem machte. In seinen ruchlosen Händen wurden die mystischen Blumen der Sehnsucht zu Zeptern und Hirtenstäben, mit denen er die menschlichen Herden in Löcher trieb, aus denen es keinen Ausweg gibt. Er wurde ihr Herr durch Furcht und Gewalt. Das Christentum triumphierte, aber Christus war nie in ihm, niemals!
„Furchtbar ist das Leben,“ flüsterte Ada, zu Tränen gerührt.
„Nur die Menschen sind furchtbar, das Leben ist das einzige Gut, nur wir selbst haben daraus eine Folter für uns gemacht. Und darin liegt die ewige Tragödie!“
Sie gingen traurig auseinander, noch enger verknüpft durch die Gemeinsamkeit ihrer Empfindungen. Doch am Sonnabend, als sie von Bartelet-Court zurückkehrten, fragte Zenon:
„Erinnern Sie sich an Ihr Versprechen?“
Władysław Reymont: Der Vampir. Albert Langen, München 1914, Seite 259. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Reymont_-_Der_Vampir.djvu/259&oldid=- (Version vom 1.8.2018)