„Haben Sie uns denn ein Lebenszeichen gegeben?“
Eine tiefverborgene Klage klang in Adas Stimme.
„Also ist es meine Schuld?“ Zenon schaute sie herausfordernd an.
Sie neigte den Kopf und ging in das andere Zimmer.
„Hören wir auf mit Vorwürfen!“ schlug Heinrich vor. „Ärgern wir uns nicht, machen wir einen Strich durch die beiderseitige Schuld. Zu meiner Rechtfertigung will ich dir sagen, daß ich erst vor einigen Jahren erfahren habe, daß du lebst. Ada hat nie daran gezweifelt, und erst seit einem Jahre bin ich im Besitze deiner Adresse.“
„Mein Pächter muß sie dir verraten haben.“
„Nein. Wir haben ihn oft gequält, aber er wollte sie uns nicht sagen. Dein Rechtsanwalt aber versuchte immerfort, uns zu überzeugen, du wärest gestorben; und als wichtigsten Beweis dafür führte er an, du hattest dein ganzes Vermögen gemeinnützigen Zwecken vermacht. Wir mußten es schließlich glauben, nur Ada ließ es sich nicht einreden. Sie allein ahnte die Wahrheit. Vor einigen Jahren lernten wir in Kairo Herrn W. P. Grey kennen.“
„Den Dichter? Meinen Freund? Und er hat es euch gesagt?“
„Er verschnappte sich und bedauerte es dann sehr; er beschwor uns, niemand etwas davon zu sagen.“
„Also man weiß in der Heimat von mir?“
„Nein, niemand weiß, wer sich unter dem englischen Pseudonym Walther Brown verbirgt. Ada
Władysław Reymont: Der Vampir. Albert Langen, München 1914, Seite 211. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Reymont_-_Der_Vampir.djvu/211&oldid=- (Version vom 1.8.2018)