„Ja, die Sehnsucht nach dem teuren Vaterlande ist noch nicht in mir erwacht!“ bemerkte Zenon ironisch, er war schon ganz ruhig und hatte Gewalt über sich.
„Was, du hast dich nie nach der Heimat gesehnt? Nie?“
„Niemals, denn hier habe ich alles gefunden, wonach ich in der Heimat vergeblich verlangte.“
„Auch die Ruhe?“ fragte sie, die Augen zu ihm erhebend.
„Ja, auch die Ruhe,“ entgegnete er mit Nachdruck.
„Und Sie haben nie etwas bereut?“
Er schwankte einen Augenblick und sagte kühl:
„Nein, ich habe mit der Vergangenheit völlig gebrochen, und das übrige habe ich in mir getötet. Übrigens, was könnte mir leid tun? Das Schicksal Polens? Nicht einmal der Teufel könnte uns darum beneiden, wenn es auch sein Einfall ist, – Verzeihung, ich berühre diese Frage ganz überflüssigerweise.“
„Und du begehst eine grobe Ungerechtigkeit gegen deine Freunde.“
„Ich habe in der Heimat keine Freunde und hatte nie welche.“
„Also auch wir zählen nicht?“
„Ich dachte jetzt nicht an die Familie.“
„Ada kann es dir bestätigen, wie schmerzhaft wir deine Abreise empfunden haben.“
„Natürlich, es war ein Partner weniger da zum Whist.“
Heinrich räusperte sich unangenehm berührt.
„Und Ihr habt es nicht einmal fertig gebracht, ein Wort an mich zu schreiben!“
Władysław Reymont: Der Vampir. Albert Langen, München 1914, Seite 210. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Reymont_-_Der_Vampir.djvu/210&oldid=- (Version vom 1.8.2018)