er kam an eine große Tür und blieb stehen, ohne zu wissen, was er anfangen solle.
Der Wind wurde immer heftiger und heulte immer düsterer in den Ruinen, manchmal fiel ein Stück Mauer zur Erde, die Bäume wogten und rauschten in der trüben Dunkelheit, denn der Mond war ganz in Wolken versunken, die wogenden, schäumenden Wellen glichen; gedämpfte ferne Stimmen, die Stimmen von Gräbern, drangen mit entsetzlichem Ton aus den Ruinen und aus der Erde, oder sie flossen aus unbekannten Höhen, – oder sie waren im Grunde der Nacht entstanden, – er wußte es nicht.
„Sei ohne Furcht … schweige … S. O. F. öffnet die Geheimnisse,“ wiederholte er plötzlich, sich der geheimnisvollen Formel erinnernd, und ergriff nunmehr dreist und ohne Zögern den Hammer, der an einer Kette hing, und schlug an die Tür.
Schweigen … nur die Bronze stöhnte, und ein langes, dumpfes Echo erscholl.
Er sagte noch einmal, jeden Buchstaben betonend:
„S. O. F.“
Die Tür öffnete sich leise, und als er eingetreten war, schloß sie sich dröhnend.
Er befand sich in einer gewaltigen, beinahe dunklen Halle, in der Mitte stand auf einem niedrigen Dreifuß ein mächtiges Weihrauchgefäß mit glühenden Kohlen, die einen betäubenden, schweren Duft ausströmten, dahinter dämmerte eine Kolossalstatue, die mit einer veilchenfarbenen Draperie verhüllt war; und außerdem nichts: nur nackte Wände, glatte, schimmernde Steine, auf denen hier und da von der
Władysław Reymont: Der Vampir. Albert Langen, München 1914, Seite 156. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Reymont_-_Der_Vampir.djvu/156&oldid=- (Version vom 1.8.2018)