die Dämmerung das Tageslicht mit ihrem aschgrauen Staub zu überschütten und wob alles in einen Nebel einschläfernder Träumerei, ließ die Farben erblassen und fiel wie ein flaumiger, zitternder, schwerer Nebel herab.
Zenon sank ermüdet und erschöpft in einen Fauteuil und saß unbeweglich da; diese beunruhigende Stille, dieses Schweigen schlug mit kaum hörbaren Tönen wie ein Hammer in ihm und machte ihn kraftlos durch seine unfaßbare Traurigkeit.
Nein, er konnte nicht fortgehen; er saß da, als wäre er mit unsichtbaren und doch gewaltigen Ketten an diese Gestalt geschmiedet, die in der immer dichter werdenden Dämmerung kaum noch sichtbar war; und er selbst verfiel langsam in die schläfrige Leblosigkeit eines Schweigens, das voll von Trauer, merkwürdigen Trugbildern und im Nebel verfließenden Formen war.
Er erwachte nach einiger Zeit und schaute sich um: die Dämmerung wurde schon zur Nacht, das Zimmer war beinahe unsichtbar geworden, nur die Spiegel sahen ihn an wie leere, entschlummernde Augen; und die große Palme, die auf dem mittleren Tische stand, schimmerte in verschwindenden, dämmrigen Umrissen auf dem bläulichen Hintergrunde der Fenster, über die sich langsam die toten Wimpern der Schatten senkten.
Miß Daisy war in der Dunkelheit nicht mehr zu sehen, doch spielte sie immer noch, aber gleichsam traumverloren, apathisch. Er stand plötzlich auf, mit dem unerschütterlichen Vorsatze, zu ihr zu sprechen, doch ehe er noch den Mund zum ersten Wort geöffnet
Władysław Reymont: Der Vampir. Albert Langen, München 1914, Seite 100. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Reymont_-_Der_Vampir.djvu/100&oldid=- (Version vom 1.8.2018)