„Aber gegen ihren Willen, – ich nehme sogar an, daß sie gar nichts davon weiß.“
„Sie war da und weiß nichts davon? Ich verstehe nichts mehr.“
„Der Mahatma bemerkte, als wir von der spiritistischen Seance bei Mr. Smith sprachen, er glaube, Daisy hätte große mediumistische Kräfte in sich. Er riet uns sogar, man sollte ihr den Befehl suggerieren, zur Seance zu kommen; und gerade deswegen war ich damit einverstanden, daß die Sache bei mir stattfand.“
„Nun, und sie ist gekommen?“
„Ja, das weiß ich bis heute noch nicht. Ob das sie selbst war, die leibhaftige Daisy, oder auch nur ihr zweiter, ihr Astralleib …?“
„Aber ich erinnere mich ihrer doch gut und entsinne mich, daß du ihre Hand nahmst, ihre Augen und ihr Gesicht berührtest, – also muß sie körperlich dagewesen sein.“
„Ich erinnere mich dessen, aber ich erinnere mich auch, was du mir erzähltest, als wir zum Essen fuhren: von deiner Begegnung mit ihr auf der Stiege, einige Sekunden, nachdem du die Seance verlassen hattest … in einem Augenblick, wo alle Versammelten sie schlafen sahen …“
„Du mußt sie doch geweckt und gesehen haben, wie sie hinausging.“
„Sie kam für einige Augenblicke zu uns, nachdem du fortgegangen warst, – wir sahen sie ganz deutlich in der vollen Beleuchtung des Kronleuchters, ich sprach sogar mit ihr.“
„Und dann?“ fragte Zenon voll peinigender Angst.
Władysław Reymont: Der Vampir. Albert Langen, München 1914, Seite 94. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Reymont_-_Der_Vampir.djvu/094&oldid=- (Version vom 1.8.2018)