Basilius von Ramdohr: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredelung und Verschönerung/Zweyter Theil | |
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zu geben, die gleichfalls aus der Anwendung des Verstandes und der Vernunft auf diese Verhältnisse fließen. Kürzer: sie ist die Theorie, welche den Genuß des Lebens durch Liebe zu erhöhen lehrt.
Plato in seinem Gastmahle ist Aesthetiker der Liebe: Xenophon in den Oeconomicis Moralist: die Republick des ersten liefert vieles zur Politik der Liebe: die Galanterie des Mittelalters enthält größten Theils eine Anstandslehre der Liebe, und Ovids, Bernards, Manso’s Künste zu lieben sind auf gewisse Weise als Klugheitslehren der Liebe zu betrachten.
Alles dieß zusammen gehört zur Sittenlehre: zu dem Inbegriffe der Vorschriften, welche das Betragen des Menschen gegen sich selbst und andere leiten. In einem vollständigen Traktate von der Liebe müßten alle jene besondern Theile der Sittenlehre in Rücksicht auf dieß Verhältniß des Menschen abgehandelt werden. Ich habe dieß nicht gethan. Ist meinem Werke darum der Vorwurf der Unvollständigkeit und des Mangels zu machen?
Basilius von Ramdohr: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredelung und Verschönerung/Zweyter Theil. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1798, Seite 10. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ramdohr-Venus_Urania-Band_2.djvu/10&oldid=- (Version vom 1.8.2018)