lautlos zugehört hatte, das stürmische Pochen seines Herzens nicht mehr bezwingen. Thränen auf Thränen rannen ihm in den Bart. Und das war ein Segen für ihn, den Gott ihm schickte. Tiefe Scham und Reue über seinen Übermut erfüllte sein Herz. Der Demut duft’ge Blume war darin aufgeblüht. Er fühlte tief, wie so falsch doch sein eitler Ruhm gewesen sei.
„Gerhard“, sprach der Kaiser, „du viel werter Mann, denke nicht, daß du dich versündigtest, als du mir dein Herz aufschlossest. Deine Rede hat mich himmelwärts gewiesen. Es war gut, daß du mir nichts verschwiegest. Ich will dir’s klagen: mein Herz krankte an falschem Ruhme. Das Gute wurde weit von Stolz und Selbstvermessenheit überragt. Daß ich dem Herrn ein Haus erbaute, ein großes Stift, das war’s, worauf ich pochte, es hatte mich ganz mit dem Gifte des Hochmuts erfüllt. Ich wähnte, mir damit ein Recht auf’s ew’ge Leben erworben zu haben.
Nun büße ich’s mit Thränen. Gott selbst war es, der mich zu dir wies, damit ich von Dir Demut lerne. Wie klein erscheinen mir meine Thaten nun gegen das, was Du gethan! Reichlich ist mir gelohnt, daß ich so weit zu Dir geritten bin. Erflehe Du nun dem Kaiser, dem eitlen Rühmer, bei Gott das ewige Heil!“
Heinrich Pröhle: Rheinlands schönste Sagen und Geschichten. Tonger & Greven, Berlin 1886, Seite 239. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Rheinlands_Sagen_und_Geschichten.djvu/252&oldid=- (Version vom 1.8.2018)