Französischer Champagner: Eingesargte, in Bescheidenheit und Demut bisher eingesargte Originalität lebt auf, erblüht bei sanften Frauen. Das, was der strenge Tag nicht duldet, die ewige Wahrhaftigkeit, traut sich hervor. Der Gatte, der Geliebte, Knechte des strengen Tages, erbleichen vor den neuen unverständlichen Welten. Der Künstler-Mensch jedoch, der Rahm-Abschöpfer des Lebens, frohlockt bewundernd! Denn, siehe, das Genie im Alltag-Menschen erwacht! Wie sonst nur bei feierlichen Gelegenheiten, diesen Ausnahmsfällen der schlappen Seele!
Nach lauem Bade lange Rast!
Der Atem einer Frau muss dich seelisch
beglücken können, der Duft ihrer Bluse und jedes
Kleidungsstückes überhaupt. Alles an ihr muss
märchenhaft wirken, wirklich etwas
Zauberhaftes. In einem Meer von Sehnsucht musst du zu
ertrinken wähnen, Tag und Nacht. Die Sehnsucht muss dich
krank machen, noch kranker und noch kranker; und dann fast
irrsinnig. Dann, dann erst öffne die Schleusen,
erlöse und begatte dich! Dann erst! Vor den
schrecklichen Toren des Irrsinns musst du
stehen können und warten! Früher hast du kein
Anrecht auf Seligkeit!
Wehe denen, die Glück haben! Der Weg, der
Peter Altenberg: Pròdromos. Berlin 1906, Seite 30. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Prodromos_(Altenberg).djvu/030&oldid=- (Version vom 1.8.2018)