§. 8. Diese Dinge stimmen in der That nicht mit einem wahrhaft christlichen Charakter überein; da es unter den edlern Heiden schon Männer und Frauen gegeben hat, die besser unterrichtet waren und erhabenere Gesinnungen hegten. Diese kannten Gegenstände von höherer Art und ewig dauernder Beschaffenheit, denen sie ihre Betrachtungen und ihr Nachdenken widmeten. Ja, Viele von ihnen übertrafen die Christen unserer Zeit, indem sie sich durch ein ernstes, gesetztes Betragen auszeichneten. Die Athenienser ernannten die Gynaecosmi, oder zwanzig Männer, die auf die Kleidung und das Betragen des Volks ein wachsames Auge haben mußten, und das Recht hatten, Jeden, der sich unbscheiden oder unanständig aufführte, darüber zu bestrafen. Jetzt steht die Sache ganz anders. Wer solchen Leuten Vorwürfe macht, wird strafbar, oder setzt sich wenigstens dem bittersten Tadel und der größten Verhöhnung aus. Einige sind so ruchlos und treiben ihre Unverschämtheit so weit, daß sie nicht allein religiöse Personen, sondern sogar die heiligsten Sachen zu Gegenständen ihres elenden Gespöttes machen, und, nicht damit zufrieden, ihre Geringachtung aller religiösen Grundsätze durch die Ungebundenheit ihres eigenen Lebens an den Tag zu legen, ihre gänzliche Verachtung der Religion auch dadurch beweisen, daß sie dieselbe durch komische und niedrige Späße auf der öffentlichen Bühne zu entwürdigen und lächerlich zu machen suchen. Wie gefährlich dieses ist, und wie leicht es die Wirkung hat, die Religion in den Augen des Volkes herabzusetzen, beweiset das Beispiel des Aristophanes, der kein geschickteres Mittel wußte, den Ruf des Sokrates bei dem Volke, das ihn seiner ernsten Lehren und seines tugendhaften Lebens
Wilhelm Penn: Ohne Kreuz keine Krone. Georg Uslar, Pyrmont 1826, Seite 336. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Penn_Ohne_Kreuz_keine_Krone.djvu/344&oldid=- (Version vom 1.8.2018)