hierauf fängt es an, wenn jener nördliche Abweichung annimmt, hin- und herzuströmen, nicht zweimal täglich wie in anderen Häfen, sondern nur einmal; und zwar trifft die grösste Fluth auf den Unter- und die grösste Ebbe auf den Aufgang des Mondes. Mit der Abweichung des Mondes nimmt diese Fluth zu bis zum 7, oder 8. Tage, nimmt hierauf während 7 anderer Tage in demselben Masse ab, hört auf, wenn der Mond seine Abweichung ändert und geht dann in Ebbe über. Diese trifft nun auf den Unter- und die Fluth auf den Aufgang des Mondes, bis dieser aufs neue seine Abweichung ändert. Nach diesem Hafen steht nämlich ein doppelter Zugang vom Ocean offen, der eine geradere und kürzere zwischen der Insel Hainan und der Küste von Quantong einer Provinz China's, der andere auf einem Umwege zwischen derselben Insel und der Küste von Cochin. Durch den kürzeren pflanzt sich die Fluth schneller nach Balsham fort
§. 46. Die Fluthzeiten innerhalb der Strombetten sind kürzer, als im Ocean.
In den Strombetten hängt die Fluth und Ebbe vom Laufe des Stromes ab. Dieser Lauf bewirkt nämlich, dass das Wasser langsamer aus dem Meere zu- und schneller in dasselbe abfliesst, es wird daher länger zurück- als herströmen; besonders wenn es weit in den Strom hinaufsteigt, wo die Gewalt des Meeres geringer ist. So soll im Flusse Avon, am dritten Steine unterhalb Bristol, das Wasser nach Sturm’s Bericht 5 Stunden ein und 7 Stunden ausfliessen; oberhalb Bristol, wie bei Canesham und Bath, ist der Unterschied beider Zeiträume ohne Zweifel grösser. Derselbe hängt auch von der Grösse der Ebbe und Fluth ab. In der Nähe der Syzygien beider Gestirne überwindet die heftige Bewegung des Meeres leichter den Widerstand der Ströme und bewirkt, dass das Wasser schneller und länger einströmt, wodurch dieser Unterschied vermindert wird. Während aber der Mond sich den Syzygien nähert, müssen die Ströme nothwendig, da die grosse Fluth ihrem Laufe hinderlich ist, stärker angefüllt werden und so den Rückfluss des Meeres etwas mehr unmittelbar nach, als vor den Syzygien verhindern. Aus dieser Ursache treffen die langsamsten Fluthen nicht auf die Syzygien selbst, sondern gehen ihnen etwas vor aus. Ich habe gezeigt, dass die Fluth vor den Syzygien auch durch die Kraft der Sonne verzögert werde. Beide Ursachen vereinigen sich und die Verzögerung der Fluthen wird sowohl grösser, als auch den Syzygien weiter vorauseilend. Dass alles dieses sich so verhalte, entnehme ich aus den Fluth-Tabellen, welche Flamsteed nach sehr vielen Beobachtungen construirt hat.
§. 47. Aus einem grösseren und tieferen Meere entspringen grössere Fluthen, und diese sind grösser an den Küsten der Continente, als mitten auf dem Meere bei Inseln, und noch grösser in untiefen Meerbusen, welche sich mit breiter Mündung gegen das Meer öffnen.
Isaac Newton: Mathematische Principien der Naturlehre. Robert Oppenheim, Berlin 1872, Seite 543. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:NewtonPrincipien.djvu/551&oldid=- (Version vom 1.8.2018)