ernstes Subject immer vielfärbig genug, und die Farben scheinen in den Schattenpartien gar nicht gebrochen, wie zum Beyspiele das Schilf auf dem Kopfe des Flußgottes ganz aus der fast unvermischten Lokalfarbe gemalt zu seyn?“ – „Facile est remedium vbertatis!“ rief ich ihm zu; doch ehe ich noch zu der andern Hälfte meines Quintilianischen Denkspruches kommen konnte, stand ich vor drey Gemälden von Schenau. „Sehen Sie, das meynte ich,“ sprach mein Begleiter. „Glänzendes Kolorit und doch Harmonie!“
Das Hauptgemälde von Schenau, war für dieses Jahr ein Gegenbild zu seinem vor zwey Jahren ausgestellten Daphnis. Der Inhalt eine Idylle von Meißner. – In einem heiligen Eichenhain, in welchem Rosen neben Cypressen – ein Bild des menschlichen Lebens – entsprossen, nähern zwey Neuvermählte sich dem Altare der Freundschaft, der durch Kastor und Pollux, in einem Basrelief, bezeichnet ist. Eben wollen sie, deren auf gegenseitige Hochachtung gegründete Freundschaft nach und nach zur Liebe aufgestiegen war, dieser Göttin, der sie so viel zu danken hatten, das erste Opfer nach ihrer neuen Verbindung bringen. Aber der Lieblingsvogel des Mädchens ist gestorben. Wie leicht konnte das, nach den Begriffen der Schäfer, eine üble Vorbedeutung ihrer Ehe seyn! Weinend bringt sie den kleinen Leichnam ihrem Geliebten dar, welcher dann mit weniger Aberglauben ihre Thränen trocknet. Er
Unbekannt: Ueber die Dresdner Gemäldeausstellung vom Jahres 1781. Dyckische Buchhandlun, Leipzig 1781, Seite 24. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Neue_Bibliothek_der_sch%C3%B6nen_Wissenschaften_Gem%C3%A4ldeausstellung_Dresden_1781.djvu/6&oldid=- (Version vom 20.12.2024)