dieses Bild in Absicht der Formen verschiedene gute Theile, und es ist einem Antikenkenner leicht, das Studium dieses Meisters auch in diesem Gemälde zu bemerken; in dem Genius des Todes die Form des Kastor und Pollux, und in den Füßen des Flußgottes die des Laokoon zu entdecken. Einige Liebhaber fanden das Gedränge auf diesem Gemälde ein wenig zu groß; glaubten daß der Sphynx nur das Attribut einer zu räthselhaften Allegorie seyn würde; und hätten den Flußgott lieber auf dem Monumente eines Admirals als eines Malers zu sehn gewünscht. Doch das waren nur Liebhaber und vielleicht nicht Kenner.
Eine weit redendere Allegorie, zumal neben diesem Bilde, schien uns das Stillschweigen des Herrn Oeser zu seyn, für dessen philosophischen Geist die Erfindung eines Gemäldes über diesen Gegenstand ganz gewiß eine angemeßne Aufgabe gewesen wäre. Traurend gingen wir bey dem Platze vorbey, der ihm gebühret hätte, und nahmen uns vor, ihn des nächsten in seiner Bildhauerwerkstadt zu besuchen.
Aber sagen Sie mir doch, fragte mich mein Freund, der das große Gemälde von Casanova immer noch nicht vergessen konnte, „wie vereinigen Sie das Kolorit dieses Meisters, der von Kolorit, wie von allen Theilen der Kunst, mit so bezaubernder Beredsamkeit spricht, wie vereigen Sie das in seiner Ausübung mit seiner Theorie? Mich deucht sein Gemälde ist für ein so
Unbekannt: Ueber die Dresdner Gemäldeausstellung vom Jahres 1781. Dyckische Buchhandlun, Leipzig 1781, Seite 23. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Neue_Bibliothek_der_sch%C3%B6nen_Wissenschaften_Gem%C3%A4ldeausstellung_Dresden_1781.djvu/5&oldid=- (Version vom 20.12.2024)