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Seite:Morgenblatt Briefe Dresdner Kunstausstellung 1807.djvu/4

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Briefe über die Dresdner Kunst-Ausstellung.
Fortsetzung.

Folgen Sie mir nun von diesen uns verwandtern Gegenständen in das gestaltreiche Alterthum, zuerst zu einem Gemählde von Fried. Matthäi, das den Orest vorstellt, wie er mit seinem Freunde Pylades nach Ermordung seiner Mutter an dem Aegistheus Rache nimmt. Die Erfindung und Anordnung ist fast genau nach einer Stelle in Lucians Lobrede auf einen schönen Saal, s. Wielands Uebersetzung, 6ter Theil. S. 347, die ich Sie nachzulesen bitte.Google Buchsuche Die Hauptsache des Bildes ist die Gruppe, wie Orestes von der einen und Pylades von der andern Seite den zwischen ihnen auf die Knie niedergeworfnen Aegistheus zu ermorden im Begriff sind. Wollen Sie sich den Stand des Orestes und die Lage des Aegistheus ungefähr denken, so bitte ich Sie im ersten Bande der Herkulanischen Gemählde das Blatt aufzuschlagen, wo Theseus den Minotaurus ermordet. Google Buchsuche Hinter dieser Gruppe liegt auf dem ehebrecherischen Bette die ermordete Klytemnestra. Dem Beschauer zur Linken steht man die Schwester des Orestes, die, erschüttert durch das Walten der Nemesis, in ihrem Hause sich schüchtern an einem daneben stehenden Sklaven hält,[1] indem sie den scheuen Blich nach der Gräuelscene des Mordes gekehrt hat. Rechts steht ein bärtiger Mann, vielleicht der Pädagog, neben einer Gruppe von mehreren Personen, welche der Lärm herbeygeführt hat, und durch eine öffne Thür im Hintergrunde sieht man zwey fliehende Mädchen mit emporgehobnen Händen, und einen trüben, verhängnißvollen Himmel. Das Bild war in Rücksicht der Farbengebung, Zeichnung und Drapperie mit lobenswerthem Fleiße ausgeführt; allein es ließ den Beschauer zu kalt, wie das meist bey jeder Behandlung antiker Stoffe der Fall ist. Der Künstler macht seine Studien dazu gewöhnlich nach antiken Mustern, und ist er nicht genialisch oder wenigstens in eigenen Gestalten geübt genug, so wird sein Bild nicht etwas Originelles, aus dem Wunderquell seiner Phantasie Entsprungenes, sondern eine Nachahmung, und wo hat diese je Leben? Zum Muster für Wahl und Behandlung der Darstellungen aus dem griechischen und römischen Alterthum könnte, meiner Einsicht nach, die Skizze von Ferd. Hartmann dienen, welche den Orestes vorstellt, wie der von den Furien herbeygeführte Geist seiner Mutter ihn aus dem Schlafe aufschreckt, und die bey ihrer ersten Erscheinung in Rom die Aufmerksamkeit aller Künstler und Kunstfreunde in rege Bewegung setzte. Auf dem einsamen, nächtlichen Lager wollte Orestes endlich das schlummerlose Auge erquicken, und sein treuer Pylades setzte sich ihm zur Seite. Aber welche Flamme zuckt durch das Zimmer? Sie kommen, die Furien,  .... es schaut ihr hohler Blick

Mit der Begier des Adlers um sich her,


  1. Oder den Sklaven abhalten will, dem Aegistheus beyzustehn, wie andre gesehn haben.

Anmerkungen (Wikisource)

Empfohlene Zitierweise:
Unbekannt: Briefe über die Dresdner Kunstaustellung. Cotta, Tübingen 1807, Seite 401. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Morgenblatt_Briefe_Dresdner_Kunstausstellung_1807.djvu/4&oldid=- (Version vom 26.1.2025)