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Seite:Mitteilungen des Verbandes deutscher Vereine für Volkskunde 9.djvu/3

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Sammlung alter Soldatenbriefe und Tagebuchaufzeichnungen aus Kriegszeiten.

Im Jahre 1907 erschien in deutscher Übersetzung das Werk des dänischen Dichters K. Larsen: „Ein modernes Volk im Kriege in Auszügen aus dänischen Briefen und Tagebüchern der Jahre 1863/64.“ Sein Verfasser hat mit vielem Fleiße unter seinen Landsleuten alles Schriftliche aufzutreiben gewußt, was die Volksseele in Kriegszeiten widerspiegelt, und hat aus der Fülle des Materials herausgesucht und veröffentlicht, was das Seelenleben eines Volkes in solch bewegten Tagen am klarsten erkennen läßt. Nicht überall hat das Buch richtiges Verständnis gefunden, am wenigsten bei dem Rezensenten im „Lit. Ztbl.“, der überhaupt keine Ahnung hat, worum es sich in diesem Werke handelt. Dasselbe ist ein trefflicher Beitrag zur Volkskunde; es fordert uns zugleich auf, daß auch wir diese Regungen der Volksseele in unserem Volke nicht unbeachtet lassen dürfen und zunächst ihre Zeugnisse sammeln. Drei Kriege hat unser Volk im letzten Menschenalter mitgefochten: den dänischen, den deutschen Bruderkrieg, den französischen. Zu diesen gesellen sich die Kämpfe der Österreicher in Italien 1859. Zahlreiche Briefsammlungen von Teilnehmern an diesen Kriegen liegen bereits gedruckt vor. Aber es sind fast alles Briefe von Gebildeten an ihre Angehörigen; was uns noch fehlt, das sind Briefe oder Aufzeichnungen des gemeinen Soldaten, des Mannes aus dem Volke, der ohne irgendwelche Reflexion das Leben im Felde, die Kämpfe, die Freuden und Leiden in Feindesland schildert und die Eindrücke wiedergibt, die dies alles auf sein Gemüt gemacht hat. In den Familien der Angehörigen werden diese Aufzeichnungen meist wie ein Talisman heilig aufbewahrt. Die Zeit eilt, und mit ihr geht das Geschlecht dahin, das diese Kriege mit erlebt hat. Es ist zu befürchten, daß mit ihm auch viele dieser Urkunden der Volksseele schwinden. Sie im Original oder zuverlässigen Abschriften zu sammeln ist eine Aufgabe, die unserm Verbande in erster Linie zukommt. Die Grazer Tagung wird zu dieser Stellung nehmen. Aber schon heute richte ich an unsere Mitglieder die Bitte, innerhalb ihres Wirkungsgebietes sich nach Leuten umzusehen, die für diese Aufgabe Interesse zeigen und bereit sind, an der Sammelarbeit teilzunehmen. Gewiß wird es etwas Mühe kosten, das Material zu erlangen. Aber wie es Larsen in Dänemark gelungen ist, eine fast erdrückende Fülle von Stoff in die Hände zu bekommen, so dürfte es auch uns mit etwas Energie und Spürsinn gelingen, und ich bin überzeugt, daß selbst der Sammler an dieser Arbeit seine Freude finden wird.

Schon nach Erscheinen der dänischen Ausgabe seines Werkes teilte mir Larsen mit, daß dieses Studium der Volksseele auch in andern Ländern, besonders in Deutschland, in Angriff genommen werden müsse. Damals hatten wir noch keinen Verband, noch keinen Mittelpunkt solcher Forschung. Ich habe mich daher gefreut, daß Larsen nach Erscheinen der deutschen Ausgabe seinen alten Plan wieder aufgenommen hat, und habe ihm zu dessen Verwirklichung gern die Hand geboten. Unterdessen hat er für seine Idee durch öffentliche Vorträge in Berlin und Wien bereits Propaganda gemacht. Diesen Vortrag hat er unserm Verbande in einer großen Anzahl von Sonderabzügen zur Verfügung gestellt, so daß mit diesen Mitteilungen jedem Vereine 5, den Museen je 2 Exemplare zukommen, die durch die Bibliotheken