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Seite:Meyers b17 s0806.jpg

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 17

Arbeitern zusammen wohnt, und woran je ein Aussichtsturm für einen Wachtposten angebracht ist. Bei der bedeutenden Luftdurchsichtigkeit des Landes vermag der letztere die Bahn 6–7 km weit hinreichend genau zu übersehen. Außerdem begehen je zwei durch ein Reitpferd unterstützte Bahnwärter täglich die angrenzenden Streckenhälften. Zur Beköstigung der Reisenden führen die Züge einen Restaurationswagen mit. Die wirtschaftliche Bedeutung der Bahn würde durch deren Fortsetzung nach Indien bedeutend gehoben werden.

Transmission. Von deutschen Elektrizitätswerken sind in letzter Zeit Bemühungen gemacht worden, den elektrischen Strom außer für Beleuchtungszwecke nach dem Beispiel amerikanischer Werke zur Verrichtung mechanischer Arbeit, also zum Betrieb sekundärer elektrischer Motoren, abzugeben. Die Berliner Elektrizitätswerke stellen zu den in nachstehender Tabelle zusammengestellten Preisen Elektrizität zum Betrieb von Motoren des Kleingewerbes und Haushalts zur Verfügung:

Leistung des Motors in Pferde­kräften Monat­liche Grund­taxe*
Mark
Kosten bei jähr­lich 3000 Be­triebstunden
Pfennige pro Stunde
Verwendung der Elektro­motoren für
1/15 1 3,8 Nähmaschinen, medizinische Apparate etc.
1/4 3 11,3 Kaffee- und Reismühlen, Drehbänke, Wohnraumventilatoren, Schleifsteine, Blasebälge etc.
1/2 5,50 20,7 Holzbearbeitungsmaschinen, Restaurant- etc. Ventilatoren. Wringmaschinen, Pumpen, kleine Eismaschinen, 3 bis 5 kleine Druckerpressen etc.
1 10 38 Gesteinsbohrmaschinen, Hebezeuge, Kreissägen, Bandsägen, Profiliermaschinen etc.
2 19 72 Kräne, Warenaufzüge, große Buchdrucker- u. Lithographenpressen, kleine Werkstätten, Metallplattierpressen etc.
3 28 105 Elevatoren, Pferdebahnwagen, Fabrik-, Güterbahnwagen etc.
5 45 170
Transmissionen, große Arbeitsmaschinen sowie Kräne etc.
8 70 264
12 105 396
* Wird nicht erhoben, wenn auf die Stromlieferung von Sonnenuntergang bis 11 Uhr nachts verzichtet wird.

Die bisher herrschenden Ansichten über die komprimierte Luft (Druckluft) als Mittel zur Übertragung von Kraft auf weite Entfernungen sind durch zwei im großen Stil angelegte Ausführungen (in Paris und Birmingham) stark erschüttert worden. Während man nämlich annahm, daß die Drucklufttransmission wegen ihres geringen Wirkungsgrades nur bei Berg- und Tunnelbauten etc., wo die von den Maschinen verbrauchte Luft als Mittel zur Ventilation weitere Dienste leistet, verwendbar sei, hat sich herausgestellt, daß der Wirkungsgrad bei der Ausführung im großen einer bedeutenden Steigerung fähig sei, welche die Lufttransmission als Mittel zur Kraftversorgung von Städten in ebenso hohem Grad geeignet erscheinen läßt als ihre Einfachheit und Gefahrlosigkeit. Zugleich ist die Möglichkeit geboten, die Preßluft an jeder Stelle der Leitung zur Ventilation, Kaltluft- oder Eisbereitung zu benutzen.

Die Pariser Preßluftanlage (System Popp), aus einer kleinen Anlage zum Betrieb pneumatischer Uhren hervorgegangen, verfügt (Anf. 1889) über eine Dampfkraft von 2000 Pferdekräften, welche mittels Kompressoren (s. Luftverdichtungsmaschinen, Bd. 10) täglich 250,000 cbm Luft von atmosphärischer Spannung auf 7 Atmosphären verdichtet. Die gepreßte Luft gelangt zuerst in 8 Windkessel à 32,5 cbm Inhalt, dann in eine Hauptleitung von 300 mm Durchmesser und 7 km Länge und von da durch die in die einzelnen Stadtteile abzweigenden Nebenleitungen zu den Verwendungsorten, wo die Luftspannung durch Reibungswiderstände etwa auf 6 Atmosphären verringert ist. Das tägliche Luftquantum soll durch Erhöhung der Luftpressung auf 8 Atmosphären und durch Anlage eines Kolossalreservoirs in Gestalt eines unterirdischen, unter einer 80 m hohen Wassersäule stehenden Stollens von 12,000 cbm Inhalt zunächst auf 350,000 cbm gebracht und durch bedeutende Vermehrung der Dampfkraft noch weiter gesteigert werden. Die Rohrleitung ist von 100 zu 100 m mit Wasserabscheidern nach Art der Kondensationswasserableiter (s. d., Bd. 9, S. 1004, Fig. 3) versehen, um das in den Windkesseln nicht abgesetzte Wasser selbstthätig auszuscheiden. Die Verwendung der Preßluft ist eine überaus mannigfaltige: zum unmittelbaren Fortdrücken von Flüssigkeiten, z. B. in Bierdruckapparaten, zum Betrieb von pneumatischen Uhren (über 8000 in Paris), zum Rohrpostbetrieb, zum Betrieb der bisher mit Druckwasser bei etwa 4–5fachem Kostenaufwand betriebenen Aufzüge (und zwar ohne jede Veränderung ihrer Einzelheiten, indem die Preßluft außerhalb des hydraulischen Cylinders auf die Wassersäule drückt), vor allem jedoch in den eigentlichen Luftmaschinen von 1/25 bis über 50 Pferdekräften. Die hierbei verwendeten Maschinen unterscheiden sich bezüglich ihrer Konstruktion und Verwendungsweise von den Dampfmaschinen nur dadurch, daß als Betriebskraft statt des Dampfes Preßluft verwendet wird, ja bei sehr vielen Einrichtungen sind überhaupt alte vorhandene Dampfmaschinen direkt als Luftmaschine verwendet, ein erheblicher Vorteil, den keine andre Art der T. als die Lufttransmission gewährt. Die Preßluft wird der Maschine durch eine Zweigleitung zugeführt. Diese ist vor der Maschine mit einem Absperrhahn, einem Sieb zum Zurückhalten von Verunreinigungen, einem Flügelradluftmesser und einem Reduzierventil (s. Druckregulatoren, Bd. 5) versehen, welches die Luftpressung von 6 auf 4–4,5 Atmosphären vermindert, um eine gelegentlich erforderliche Leistungssteigerung durch Ausschaltung des Reduzierventils zu gestatten. Erwähnenswert sind die außerordentlich geringen Ansprüche der Luftmaschinen bezüglich ihres Aufstellungsraums und ihrer Wartung, man findet sie in den engsten Kellern und Gängen, an Decken, Fensterrahmen, am Gebälk etc. so untergebracht, wie man eine andre (etwa Dampf- oder Gas-) Maschine niemals aufstellen könnte, und dabei von Kellnerjungen, Handlangern etc. bedient.

Eine wesentliche Neuerung besteht in der Vorwärmung der Luft vor dem Eintritt in die Maschinen. Die bei der Verdichtung der Luft erzeugte Wärme geht teils durch das in die Kompressoren eingeführte Kühlwasser, also während der Verdichtung, teils durch Strahlung in der langen Leitung vollständig verloren. An die Verwendungsstelle gelangt daher die Luft stets mit gewöhnlicher Temperatur. Würde man die Luft, wie sie ist, mit Volldruck (also ohne Expansion) auf die

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 17. Bibliographisches Institut, Leipzig 1890, Seite 802. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b17_s0806.jpg&oldid=- (Version vom 18.12.2024)