Zum Inhalt springen

Seite:Meyers Universum 10. Band 1843.djvu/16

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.

Sie hat den Geist wieder der Arbeit vermählt, der durch das Zunftwesen von dieser gewichen war; sie hat gleichsam die Arbeit geadelt und durch sie ist ihr Einfluß größer als jemals geworden, sowohl auf das Glück der Individuen, als auf das Wohlseyn der Nationen.

„Die Arbeit ziemt und ziert den ächten Mann,
     Was er im Geist erschafft, formt seine Hand;
Und während er mit strengem Fleiß begründet
     Sein eignes Glück, beglückt er Land und Volk.“

Allerdings arbeitet jeder Industrielle zunächst nur für sich und die Seinigen: denn dazu treibt ihn seine menschliche Natur, die Nothwendigkeit, das ihm innewohnende Gefühl. Der Einzelne ist aber auch ein Theil des Ganzen und er wird auf dieses Ganze Einfluß üben, er mag wollen oder nicht, er mag eine Vorstellung davon haben, oder sie entbehren. Er kann der Wirkung nicht entgehen, nicht einmal durch seinen Tod. Darum hilft jeder rechte Industriemann, selbst wenn er nur für sich zu sorgen glaubt, die neue Zeit hervorrufen, die im unendlich raschen Wechsel aller Zustände ihren eigentlichen Charakter offenbart. Dieser Wechsel geht fort, ohne Wiederholung, ohne sichtbares Endziel. Er gleicht dem Gang des Menschengeschlechts, dem Gang der Erde, dem Gang der Gestirne. Wie die Erde in alle Ewigkeit nicht zweimal an den nämlichen Ort im Weltraum wiederkehren kann, so wenig wird irgend eine spätere Zukunft Zustände zurückführen, welche vergangen sind.

Der Baum der alten Gewerbe grünt nie wieder. Jede Anstrengung, ihn zu erhalten, ist Unvernunft und gegen den Gang der Zeit gerichtet, den, ungezüchtigt, Niemand aufzuhalten strebt. Was soll der dürre Stumpf im grünen Garten unserer Gegenwart? Die Axt daran, daß er wegkomme, der das Auge beleidigt, damit nicht seine Verwesung die Luft verderbe!

Keine menschliche Macht hält die Entfaltung der Industrie auf; denn sie selbst ist eine höhere, weit stärkere Macht geworden, als die Macht der Könige. Es ist dahin gekommen, daß kein Staat es nur wagen darf, feindlich gegen sie aufzutreten. Ein solches Experiment hatte schlimmere Bolgen, als der unglücklichste Krieg, als der Verlust von hundert Schlachten, als Pest und Hungersnoth. Alle Selbstständigkeit wäre verloren, alles Gedeihen und innere Leben dahin: denn der industriöse Staat saugt dem trägen ohne Umstände das Leben aus, bis er, entkräftet, hinstirbt.

Es wird dies von allen Regierungen erkannt, die auf der Linie der Zeit stehen. Ist einerseits keine aufgeklärte Nation mehr gewillt, sich für die Leidenschaften der Fürsten, für deren Habsucht und Ländergier, deren Stolz oder Rachsucht zu opfern, andere Nationen todtzuschlagen, oder sich todtschlagen zu lassen, wie in der