Herman Melville Übersetzt von Rudolph Garrigue: Vier Monate auf den Marquesas-Inseln oder ein Blick auf Polynesisches Leben 2. Theil | |
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nicht einen Augenblick zögern wollte, wo jede Minute so wichtig sein konnte, bat ich einen starken Insulaner, welcher neben mir stand, mich auf seinen Rücken zu nehmen. Zu meinem Erstaunen weigerte er sich ärgerlich. Ich wandte mich an einen Andern mit gleichem Erfolge; ein dritter Versuch war eben so vergeblich und ich sah gleich, was den Mow-Mow veranlaßt hatte, meine Bitte zu gewähren und warum die Eingebornen sich so sonderbar benahmen. Es war augenscheinlich, daß der Häuptling mir nur Freiheit gelassen hatte, meinen Weg nach der See fortzusetzen, weil er glaubte, daß ich sie doch nicht würde erreichen können.
Hierdurch von ihrem festen Entschluß, mich als Gefangenen fest zu halten überzeugt, wurde ich verzweifelt, und fast gefühllos gegen den Schmerz, welchen ich litt, ergriff ich einen Speer, welcher am Hause lehnte und setzte meinen Weg auf denselben gestützt nach der Richtung der See fort. Zu meiner Überraschung erlaubte man mir, allein weiter zu gehen, und alle die Wilden blieben vor dem Hause und fingen ein ernstes Gespräch an, welches mit jedem Augenblicke lauter und leidenschaftlicher wurde. Zu meiner unbeschreiblichen Freude sah ich, daß unter ihnen eine Meinungsverschiedenheit entstanden war, daß sie jetzt zwei Parteien bildeten, und daß mir durch ihre Berathschlagungen einige Hoffnung auf Befreiung gelassen wurde.
Ehe ich hundert Ellen vorwärts gekommen war, umgaben
Herman Melville Übersetzt von Rudolph Garrigue: Vier Monate auf den Marquesas-Inseln oder ein Blick auf Polynesisches Leben, 2. Theil. Gustav Mayer, Leipzig 1847, Seite 228. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Melville-Vier_Monate_auf_den_Marquesas-Inseln._Teil_2.djvu/234&oldid=- (Version vom 1.8.2018)