Vier Monate auf den Marquesas-Inseln
von
Rudolph Garrigue.
Erster Theil.
Leipzig,
Verlag von Gustav Mayer.
1847.[II]
[III]
Mehr als drei Jahre sind verflossen, seitdem sich die Ereignisse zugetragen, die ich in diesen Bänden erzähle. Die Zwischenzeit mit Ausnahme der letzten paar Monate habe ich meist auf dem weiten schwankenden Meere zugebracht. Seeleute sind heutzutage die einzigen Menschen, die irgend abenteuerliche Dinge erleben; und Vieles, was Ofenhockern fremdartig und romantisch erscheinen würde, ist ihnen so alltäglich, wie ein Loch am Ärmel. Aber, trotz der Vertrautheit der Seeleute mit jeder Art von Abenteuer, haben die nachstehenden Erzählungen, wenn sie „als Garn gesponnen“ wurden, nicht nur manche langweilige Nachtwache verkürzt, sondern auch das lebhafteste Interesse bei des Verfassers Schiffsgenossen erregt. Dies hat ihn veranlaßt, das vorliegende Buch zu schreiben, weil er annehmen darf, daß es die Leser, die weniger mit Abenteuern vertraut sind, als der Seemann, noch mehr unterhalten wird.
[IV] In seinen Berichten über das sonderbare und interessante Volk, unter welches er gerathen war, wird man hauptsächlich seine in die Augen fallenden Eigenthümlichkeiten behandelt finden, und bei der Beschreibung der Sitten dieser Leute enthält sich der Verfasser in den meisten Fällen weitläufiger Erörterungen ihres Ursprungs und Zwecks. Da die meisten Reisenden in barbarischen Ländern sehr freigebig mit dergleichen Untersuchungen sind, so glaubt der Verfasser im Voraus auf diese Eigenthümlichkeit seines Buches hinweisen zu müssen, die man ihm sonst als Ungenauigkeit vorwerfen könnte. Er ist sich dieses und anderer Mängel klar bewußt, doch wenn man seine eigenthümliche Lage unter den Wilden in Betracht zieht, so wird man diese Auslassungen wol entschuldigen.
In vielen Erzählungen wird großes Gewicht auf Daten gelegt; der Verfasser verlor aber während seines Aufenthalts unter den Wilden den Faden der Zeitrechnung nach Tagen und Wochen ganz und hofft darin Entschuldigung für die fehlenden Daten zu finden.
Bei den polynesischen Wörtern, die in diesem Buche vorkommen, mit Ausnahme derjenigen, die schon von anderen Reisenden festgestellt worden sind, ist die Orthographie gewählt, die dem Laut am nächsten kommt. In mehreren Beschreibungen der Südsee-Inseln sind [V] die schönen Vokalzusammenstellungen der Insulaner ganz verloren gegangen aus pedantischer Beachtung der orthographischen Regeln.
Einzelne Stellen in diesem Buche werden wie harte Angriffe auf eine ehrwürdige Klasse von Männern erscheinen, deren Thaten in allen Winkeln der Erde, nach ihren eignen Berichten gewöhnlich, und oft verdientermaßen, hohe Anerkennung finden. Diese Stellen sind aber immer auf Thatsachen gegründet, die keinen Widerspruch zulassen und sich unter des Verfassers eignen Augen zugetragen haben. Die Schlüsse, die aus diesen Thatsachen gezogen werden, sind unvermeidlich, und beim Niederschreiben derselben hat der Verfasser keinem feindseligen Gefühl Raum gegeben, weder gegen die Individuen selbst noch gegen die große Sache, die durch die Missionaire nicht immer würdig vertreten worden ist.
Das große Interesse, mit welchem die ganze Welt die jüngsten Ereignisse auf den Sandwichs-, Marquesas- und Gesellschafts-Inseln verfolgt hat, wird hoffentlich einige sonst unverzeihliche Abweichungen entschuldigen.
Einige Sachen in dieser Erzählung werden dem Leser auffallend, ja unbegreiflich scheinen; doch sind sie dem Verfasser zu jener Zeit in ebenso hohem Grade so [VI] erschienen. Er hat Alles genau erzählt, wie es sich zugetragen, und überläßt es Jedem, sich eine eigne Meinung darüber zu bilden, in der Hoffnung, daß seine strenge Wahrheitsliebe ihm das Vertrauen des Lesers gewinnen wird.