Herman Melville Übersetzt von Rudolph Garrigue: Vier Monate auf den Marquesas-Inseln oder ein Blick auf Polynesisches Leben 2. Theil | |
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hat, beruhigen sich die sonderbaren Gemüthsbewegungen, die sein Gesicht verräth, zu einer Art von freudiger Bereitwilligkeit meinen Wunsch zu erfüllen, und er sieht schelmisch zu der hohen Krone des Baumes empor, stellt sich auf die Fußspitzen, streckt den Hals in die Höhe, erhebt die Arme, als ob er wirklich versuche, die Früchte von dem Ort, wo er steht, zu erreichen. Als ob er in dieser kindischen Bemühung getäuscht worden wäre, sinkt er nun verzweifelt zur Erde und schlägt seine Brust in gut geheuchelter Gemüthsbewegung. Dann springt er plötzlich auf, wirft den Kopf zurück, erhebt beide Hände, wie ein Schulknabe, der einen Ball fangen will, und wenn er so einen Augenblick gestanden hat, als ob er erwarte, irgend ein guter Geist in der Spitze des Baumes würde ihm die Früchte herabwerfen, wendet er sich aufgebracht und anscheinend in neuer Verzweiflung ab und entfernt sich etwa dreißig bis vierzig Ellen weit. Hier bleibt er stehen und betrachtet den Baum mit dem Ausdruck des tiefsten Elends. Aber im nächsten Augenblick überfällt ihn anscheinend eine Art von Inspiration, er eilt auf den Baum zu, umfaßt den Stamm mit beiden Armen, preßt die Sohlen seiner Füße dicht zusammen gegen den Baum, und streckt die Beine so weit aus, daß sein Körper wie ein gespannter Bogen am Baum sitzt; dann erhebt er Hand über Hand und Fuß über Fuß und steigt so mit gleichmäßiger Schnelligkeit, und fast ehe man sich dessen
Herman Melville Übersetzt von Rudolph Garrigue: Vier Monate auf den Marquesas-Inseln oder ein Blick auf Polynesisches Leben, 2. Theil. Gustav Mayer, Leipzig 1847, Seite 166. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Melville-Vier_Monate_auf_den_Marquesas-Inseln._Teil_2.djvu/172&oldid=- (Version vom 1.8.2018)