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Seite:Lebensläufe Meissner Künstler.pdf/58

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in Rom hatte der Maler Josef Franke ohne Wissen Königs dessen sämtliche Gruppen an das Pester Museum in Wien zur Ausstellung geschickt. Dadurch war der Hofrat Ritter von Eitelberger auf den Künstler aufmerksam geworden und hatte diesen für eine Professur an der neu zu gründenden Wiener Kunstgewerbeschule vorgeschlagen. Der Kaiser genehmigte die Berufung Königs und so verließ dieser Italien und kam nach einer Studienreise durch Frankreich, Belgien, Holland und Deutschland 1868 in Wien an. Arbeiten seiner ersten Zeit daselbst sind ein Schmuckkasten, Bronzeleuchter und Tafelaufsatz für den Kaiser, „der ideale und reale Genuß“, ein Tafelaufsatz für Baron Erlanger, ein kerzentragender Engel für eine Kirche in Buenos Ayres, 36 verschiedene Reliefmedaillons: Architekten, Maler und Bildhauer für Majolika an die Fassade des K. K. österreichischen Museums, zwei Gruppen, „Wasser und Wein“ darstellend, welche Meister Schwinds besonderen Beifall errangen, eine lebensgroße Victoria in Bronze und das überlebensgroße Reliefporträt des Kaisers Max von Mexico für das Denkmal in Pola, ein Springbrunnen in Bronze für eine Wiener Firma u. a. Für seine 1869 auf der Münchener Ausstellung befindlichen Arbeiten erhielt er vom König Ludwig die große goldne Medaille und in Paris später die große silberne; auch in Österreich erkannte man seine Verdienste 1873 durch Verleihung der großen Kunstmedaille und des Franz-Josefsordens an. Im genannten Jahre unternahm er im Auftrage des Ministeriums eine Reise nach Tirol und Italien. Während er fern war, wurde ihm seine Familie, Frau und drei Kinder, durch die damals in Wien herrschende Cholera entrissen; sein tragisches Geschick rief allgemeine Teilnahme hervor. In der Kunst suchte und fand er Trost in jener schweren Zeit. Für die Seinen fertigte er ein Denkmal, als Charitas gedacht, auf dem evangelischen Friedhofe in Wien. – In Wien hatte sich König in zwölf Jahren vollständig in die Kunstindustrie eingelebt und war für sie eifrig eingetreten. Als manche seiner Erwartungen sich nicht erfüllten, insbesondere die gehofften Aufträge ausblieben, bestellte in unwiderstehlichem Schaffensdrang der Künstler, wie er sagte, bei sich selbst. Eine Menge Entwürfe, größere und kleinere Arbeiten entstanden und in rastloser Thätigkeit fand er die Heiterkeit wieder, die der Grundzug seines Wesens und seines Schaffens ist. Zehn lebensgroße Reliefs für die kaiserlichen Hofmuseen und vier dergleichen für das Hofburgtheater entstanden; vor allem ist aber aus der Zeit nach 1880 die schöne Gruppe aus carrarischem Marmor „Venus und Amor“ (Liebesgeheimnis) zu nennen, die Frucht

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Wilhelm Loose: Lebensläufe Meißner Künstler. C. E. Klinkicht & Sohn, Meißen 1888, Seite 52. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lebensl%C3%A4ufe_Meissner_K%C3%BCnstler.pdf/58&oldid=- (Version vom 25.1.2025)