wie folgt: Herr Otto Grundmann hat eben ein treffliches Bild Benjamin Franklins vollendet. Es zeigt uns den Helden, aber die strahlende Milde, die dem heitern Gemüt des Weisen wohl ansteht. Dasselbe muß ein Lieblings- und Idealbild Franklins für die Bostoner unter all den Hunderten verschiedener Bilder unsers berühmten Mitbürgers werden. Der Gesamtausdruck des Bildes atmet die biedere und gewinnende Anmut des Staatsmannes, der sich seine Einfachheit und sein gutes Herz bewahrt hat. Das Bild ist als Bild bewundernswert wegen seiner lebensvollen Ruhe. Mit der Kunst, welche nicht künstelt, erzeugt es eine so wahre Gestalt, daß der Betrachter unmittelbar vor dem Werke des Malers beim Anschauen des Künstlers vergißt. Ähnlich urteilt auch Boston Evening Transscript. – Andere in Boston vielbelobte Bilder Grundmanns sind die Porträts des Rev. Dr. Waterston, der Mrs. Anna Waterston, der Miss Helen Quincy, der Miss Mabel Quincy, der Mrs. Celia Thaxter, des Mr. John Glidden, des General Samuel M. Quincy, des Mr. George Draper in Hopedale, des George Dexter aus Cambridge, des Dr. Francis Parker; das Bildnis eines Invaliden des Bürgerkriegs wurde in der Ausstellung „Mechanics Association“ mit der großen silbernen Medaille ausgezeichnet. Auch verschiedene landschaftliche Bilder entstanden, Früchte seiner ausgedehnten Reisen in Nordamerika.
William Reidling urteilt in seinem Aufsatze: Some Boston Artists and their Studies 1888 im American Magazin über unsern Künstler: Grundmanns Kunst ist ihrem Wesen nach deutsch in Plan und Ausführung, und jedermann muß nach Veranlagung und Ausbildung die Schule erkennen, welcher er angehört. Seine Kunst ist lauter, unverdrossen und stetig bestrebt, die Wahrheit möglichst zu erreichen. Während man vielfach der Oberflächlichkeit und Effekthascherei begegnet, zeichnen sich seine Bilder aus durch edlen Entwurf und sorgfältige Ausführung. Seine Porträts zeigen eine warme Anmut, die an Lebensfrische nichts einbüßt. In ihnen haben wir mehr als bloße Wiedergabe physiognomischer Thatsachen, mit deren gleichsam wissenschaftlicher Zusammenstellung sich viele Realisten genügen zu lassen scheinen. Ein schönes Beispiel von Grundmanns Genremalerei ist sein „Sonntagsnachmittag“ im Besitze des Rev. Dr. Waterston, der uns erlaubt hat, es im Kunststich diesem Artikel beizugeben.
Über Grundmanns Thätigkeit als Direktor der Akademie enthält 1882 Boston Evening Transscript folgende Anerkennung: Da Ferien sind, findet diese Woche eine Ausstellung von Arbeiten in der Akademie statt. Natürlich sind nur einige ausgewählte Proben aus jeder Abteilung der 140 Schüler
Wilhelm Loose: Lebensläufe Meißner Künstler. C. E. Klinkicht & Sohn, Meißen 1888, Seite 34. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lebensl%C3%A4ufe_Meissner_K%C3%BCnstler.pdf/40&oldid=- (Version vom 18.1.2025)