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Seite:Kunstausstellung in Dresden.djvu/6

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Kunstausstellung in Dresden.
(Fortsetzung.)

Als eigne Erfindung muß ich Ihnen noch eine Maria mit dem Kinde Jesus und dem kleinen Johannes, in Oel, von Herrn Zeller, bemerken. Die Zeichnung des Kopfes war schön; die Physiognomie aber dünkte mich zu jungfräulich. Doch es ist schwer, nach Raphaels heiliger Familie, ein zweites Wesen zu erschaffen, in welchem die Jungfrau und die Mutter eben so glücklich verschmolzen wären. Das Helldunkel, worin sich der kleine Johannes befindet, und das milde Colorit, empfahlen dieses Kunstwerk.

Drei historische Zeichnungen von Herrn Schnorr, an dessen schöne Komposition, der Tod Raphaels, man sich wieder erinnerte, waren geistreich angeordnet und gefällig ausgeführt. Das Publikum wird sie in den Prachtausgaben des Aristipps von Wieland, und des Gedichts, Galmori und Siama, wiederfinden und die schönere darunter leicht erkennen.

Unser Historienmahler Herr Pochmann der jetzt in Rom ist, hat nichts ausgestellt. Aach der Historienmahler Herr Fr. Matthäi, der seine Studien in Italien fortsetzt, und sich jetzt in Florenz befindet, hat wegen der Entfernung nichts liefern können. Sie erinnern sich wohl noch seines Castors und Pollux, eines Originalgemäldes in Lebensgröße, das der Spanische Gesandte in Berlin Chev. d’Anadia kaufte, und im J. 1801 daselbst zur Ausstellung mitgetheilt hatte, wo es einen ausgezeichneten Beifall erhielt. Dieses und ein andres Gemählde von demselben Hr. Fr. Matthäi, Semira und Semin, nach Geßners Idyllen komponirt, das im J. 1802 in Dresden ausgestellt war, sind von dem Chevalier d’Anadia noch Spanien geschickt worden. Herr Veith, dessen Landschaften so viel Interesse haben, ist jetzt ebenfalls in Rom, und hat daher nichts ausgestellt.

Unter den Porträts der diesjährigen Ausstellung dürfte wohl das der Frau Kammerherrin von Löwenzow, eine ganze Figur in Lebensgröße, am meisten gefallen haben. Dieses Oelgemälde, vom Prof. Tischbein, dem Direktor der Leipziger Akademie, übertrifft wenigstens an Farbenglanz und Anmuth jedes andre. Man sieht das schöne Leben des, ich möchte sagen, noch jungfräulichen Weibes. Alles, mit Ausnahme des linken Arms, ist weich, zart und mit großer Leichtigkeit gehalten. Das Ganze belebt eine Italiänische Wärme. Der schöne Körperbau scheint jedoch mehr, als der Kopf, einem 16jährigen Mädchen anzugehören. Auch ist die Brust verhältnismäßig etwas zu flach. Eine Turteltaube fliegt mit einem Zweige des Frühlings – oder ist es ein Myrtenreis? – der blühenden Gestalt entgegen. Der rechte Arm hebt sich mit Grazie, es zu empfangen. Der Blick voll Unschuld und stillen Frohsinns deutet auf den schon erlangten Besitz. Durch diese Anordnung ist das Ideal mit jener lieblichen Individualität, die rein und unmittelbar aus der lebendigen Natur ergriffen ist, glücklich verwebt worden. Ein reines Herz und eine reine Phantasie stehen hier im schönsten Bunde. Kurz Guido’s süße Schwärmerei blickt aus diesem magischen Porträt.

Eine Gruppe Kinder, von demselben Künstler, in Oel gemalt, bestand aus Porträts, war aber ein schönes Idyll aus der kindlichen Welt. Zwei naive Mädchen wollen ein Kind mit einem Schawl vermummen. Die Zeichnung

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Unbekannt: Kunstausstellung in Dresden. Sanders Buchhandlung, Berlin 1803, Seite 202. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kunstausstellung_in_Dresden.djvu/6&oldid=- (Version vom 11.1.2025)