In Bezug auf die finnischen wie überhaupt die europäischen Volksmärchen hat das vorige Kapitel zu einem lediglich negativen Ergebnis geführt. Es ist daraus klar geworden, dass selbst aus der längsten und vollständigsten griechischen Fabel (Kap. I. 2) keine einzige volkstümliche Variante entstanden ist, dass von der ersten und hervorragendsten Rahmen-Erzählung des indischen Fürstenspiegels (Kap. I. 3) nur eine einzige und noch dazu nicht zu deutende Spur gefunden werden kann, und dass ferner das mitteleuropäische Tierepos des Mittelalters seinem Kerne nach (Kap. I. 4), trotz seiner weiten Ausbreitung, nicht mehr als drei verschiedene, auf dem Wege der mündlichen Ueberlieferung gewanderte Erzählungen hervorgebracht hat, welche verhältnismässig spät und ganz zufällig ins Volk gedrungen sind. Um aber mit völliger Sicherheit die Selbständigkeit der europäischen Fuchsmärchen verfechten zu können, greife ich aus denselben zu genauerer Prüfung die längste zusammenhängende Kette heraus, in deren Mitte sich folgendes allgemein bekannte Abenteuer befindet.
Einfache Urform. Im Winter frisst der Fuchs Fische, die er gefangen hat. Der Bär kommt und bittet sich einen Teil davon aus. Der Fuchs giebt ihm nichts [oder wenigstens nur einen Bissen zum Kosten], fordert ihn dagegen auf, sich selbst Fische zu fangen. Der Fuchs giebt an, er habe in einer kalten Nacht mit seinem Schwanze in einer Wuhne geangelt. Der Bär macht sich daran, dasselbe Mittel zu versuchen. Der Fuchs rät ihm, seinen Schwanz unbeweglich
Kaarle Krohn: Bär (Wolf) und Fuchs. Suomalaisen Kurjallisuuden Seuran Kirjapainossa, Helsingissä 1889, Seite 25. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Krohn_B%C3%A4r_(Wolf)_und_Fuchs.djvu/27&oldid=- (Version vom 1.8.2018)