Der Besenbinder suchte seiner Tochter das auszureden; aber sie blieb dabei, und er machte sich betrübt auf den Weg, den Schloßberg herauf.
„Euer Gnaden,“ sprach er, „meine Tochter sagt, sie halte Euch in Klugheit den Widerpart und wolle Eure Frau werden.“
„Warum nicht!“ antwortete der Graf. „Wenn sie wirklich so klug ist, will ich sie zur Gräfin machen.“
Dann lief er in die Küche und kochte eine Mandel Eier, ließ sie kalt werden und packte sie in einen Korb mit Häcksel; darauf ging er in die Stube zurück, gab den Korb dem Alten und sprach: „Bring das deinem Kathrinchen! Es soll die Eier ausbrüten, aber ganz allein, und die Kücken soll es mir auf das Schloß tragen.“
„Ach, du mein lieber Gott,“ seufzte der Besenbinder, „das kann Kathrinchen nicht, es ist zu schwer und drückt die Eier entzwei!“
Weil ’s ihm aber der Graf so befohlen hatte, nahm er den Korb unter den Arm und kehrte damit in die Hütte zurück.
Als Kathrinchen die Eier ausgepackt hatte, legte es dieselben in Wasser, und da merkte es sogleich, daß sie gekocht waren. Eins fix drei lief es in den Garten und schnitt grüne Hirse ab, las die unreifen Körner heraus, eine Metze voll, und kochte sie im Kessel auf, bis sie platzen wollten. Dann nahm es geschwind den Topf vom Feuer und trocknete die gekochten Körner in der Ofenröhre, daß sie ausschauten wie Saathirse, that alles in einen Beutel, gab ihn dem Besenbinder und sprach:
Ulrich Jahn: Schwänke und Schnurren aus Bauern Mund. Mayer & Müller, Berlin 1890, Seite 77. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jahn_Schwaenke_und_Schnurren_aus_Bauernmund.djvu/77&oldid=- (Version vom 1.8.2018)