gaben dem Herrn nur Galle und Essig, als ihn so bitterlich dürstete. Und von dem kräftigen Trank wurden sie ganz ungestüm, daß sie nun erst die allermindeste Erbarmung mit dem Herrn hatten.
So wurde Das, was ihm zur Linderung seiner Pein zukommen sollte, zur Vermehrung seiner Schmerzen.
O guter Jesu! Du hast mich so viel lieb gehabt, daß du nicht an deine Schmerzen, sondern an mein Heil gedacht hast; denn am Kreuze hast du nicht gesagt, mich schmerzt, sondern mich dürstet! Von dem Kreuz schweigst du, und von dem Durst rufest du!
„Ja, möchte der Herr antworten, mich hat das Heil eurer Seelen mehr zum Durste bezwungen, denn die Kreuzigung meines Leibes. Der Durst nach eurem Heil ist so groß in mir, daß die Pein des Kreuzes aufgehört hat. Und der Durst ist noch in mir, denn ich schreie noch täglich vom Himmel: mich dürstet! Und Niemand ist, der den Durst mir lösche! Ich habe allweg Durst und Begierde nach eurem Heil!“
Darum ist der ein harter Mensch, der dem Herrn, der also nach unserm Heile dürstet, so lange den Trank der Danksagung und der Andacht und der Bußwirkung versagt.
Hier spricht ein Lehrer, daß das Mitleid, das der Herr mit uns armen Sündern gehabt hat,
Franz Joseph Holzwarth: Passionsbilder. Franz Kirchheim, Mainz 1856, Seite 97. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Holzwarth_Passionsbilder.djvu/103&oldid=- (Version vom 1.8.2018)