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Seite:Hermann von Bezzel - Pflicht und Recht der Inneren Mission.pdf/23

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die Bedeutung der Volksbüchereien erinnert, aus denen die guten, trefflichen Bücher nach und nach verschwinden, wie sie selbst nimmer so benützt werden, als es vordem geschah. Es wird wohl mehr gelesen, aber weniger wäre mehr. Wir meinen, es sei die Beschränkung auch eine Tugend, weil und sofern sie nicht Lässigkeit ist. Es sind die schnell emporwachsenden Gemeindeblätter noch nicht an sich ein gutes Zeichen. Sie wollen redigiert und gut gehalten sein, sollen belehren und erbauen und nicht nur von einander zu leihen nehmen. Wie viel ein bescheidenes Blatt, wenn es klar und bestimmt und mit Salz geschrieben ist und nicht allen gefallen will, nützen kann, ist unvergessen.

 Die alten Lehrlingsvereinigungen sind auch zurückgetreten. Und doch liegen hier Fragen von höchster Bedeutung: der Handwerkerstand der Zukunft, das Rückgrat für manche Bestrebung zum Schutz des Handwerks, des guten Brauchs ruht in ihnen. In den großen Städten – fast ist zu fürchten, daß die Stunde zu spät sei – sollte jede Pfarrei ihrer Lehrlinge sich annehmen, für gute, gesunde Unterhaltung sorgen, Belehrung und Erbauung nicht versäumen. Es sind wohl noch die alten Gesetze und Ordnungen vorhanden, aber Geist und Kraft ist ihnen oft entwichen. Da wird unsere Mission das Recht haben, auf den alten ehrwürdigen Brauch zurückzugehen, daß Meister und Gesellen selbst des Nachwuchses sich annehmen und tüchtige Leute so herangezogen werden.

 Die Arbeitervereine sind ein anderes Ding geworden, gerade seitdem die soziale Frage an sie herantrat. Und doch waren die alten und schlicht organisierten von starker Kraft gewesen, haben den Stürmen des Revolutionsjahres getrotzt, Lehren aus ihm genommen und zur rechten Erziehung verwertet. Ist nicht jetzt zu viel Unterhaltung, zu wenig wahre Erziehung, gegenseitige und innere, in all diesen Vereinen? Was will in unseren Großstädten ein Arbeiter-, ein Handwerkerverein bedeuten, der etwa so viele Mitglieder zählt als in den Tagen seiner Gründung vor siebzig oder sechzig Jahren? Es ist dann eine ehrwürdige Einrichtung, bei der man noch froh sein muß, wenn er alte Überlieferungen in Treue bewahrt, nicht aber er warten kann, daß er zur Lösung beweglicher Fragen und zur Erhaltung eines christlichen Arbeiterstandes beiträgt. Die ihn bräuchten, finden ihn nimmer und die ihn aufsuchen, können für sich seiner entraten.

 Wie muß unsere Kirche um Vormünder für ihre Verwaisten bitten! Wie wenige unterziehen sich einer Mühe, die zwar saure Gänge kostet und wenig Dank erwirbt, aber in konfessioneller Erziehung Wesentliches leistet! Es wäre verhängnisvoll, wenn um neuer Pläne willen die Arbeit an solchen alten Aufgaben unterbliebe! –