und einen recht korpulenten Portier zur Verfügung hat, die sich auf den Deckel setzen, bis das Schloß einschnappt, dann ist einem ja geholfen.
Mit einigem Zagen zwar hatte ich an die Zollrevision gedacht und daran, wie sich hier der Koffer wieder schließen lassen würde.
In Genua waren drei Russinnen in mein Coupé gestiegen mit einer Unmenge von Koffern, Körben, Schachteln, einem braunen Steintopf und einem seltsamen Ballen in der Form und fast von der Größe eines unstarren Luftschiffes. Mit einer Selbstverständlichkeit hatte man mich gänzlich ignoriert und um mich, über mir und unter mir das Gepäck verteilt.
Ich wagte nicht, mich zu mucksen. Dafür bin ich zu wohl erzogen als ein echtes Kind meines Landes, dem die Ehrfurcht vor allem Fremden von Geburt an in den Knochen steckt.
Kluge Eltern glauben, wenn sie ihre Kinder zur Bescheidenheit, zum Maulhalten erziehen, unter fortgesetztem Voraugenstellen der Fähigkeiten und Qualitäten anderer Kinder im Gegensatz zur eigenen Minderwertigkeit, krampfhaft bestrebt sind, jede bei ihrem Sprößling hervortretende persönliche Note schleunigst mit allen Mitteln zu unterdrücken, sie so für das Leben in der richtigen Weise vorbereitet zu haben. Diese armen Würmer haben später ihre liebe Last, sich draußen in der Welt der Ellenbogen, die allenthalben auf sie eindringen, zu erwehren.
Ich habe außerdem speziell vor Russinnen einen enormen Respekt. Für mich ist jede Russin, die stark parfümiert ist, bei der tollsten Hitze einen langen, innen mit Pelz gefütterten Mantel trägt, eine hohe Frisur und furchtbar viel Brillanten hat, zum mindesten
Hermann Harry Schmitz: Der Säugling und andere Tragikomödien. Ernst Rowohlt Verlag, Leipzig 1911, Seite 174. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_Harry_Schmitz_Der_Saeugling.djvu/174&oldid=- (Version vom 1.8.2018)