Das ruckweise Stoßen der Hände in alle Taschen und Falten nach dem Kofferschlüssel, in Pompadours, Handtäschchen, Beutel, Körbchen. Koffer, die erst nicht auf – und nachher nicht wieder zu gehen. An Reisekörben, wie sie Dienstmädchen und allein reisende ältere Damen aus Detmold oder Sangerhausen oder so woher gerne benutzen, reißen brutale Bahnknechte beim Herauszerren aus dem Güterwagen, beim Hineinzerren in das Zollamt die seitlichen Handgriffe wie Wurzeln aus.
Und nun erst, wenn die geöffneten Koffer der Welt ihren Inhalt darbieten, die Psyche des Besitzers schamlos bloßlegen. Ein Fressen für den Satanisten!
Es gibt seit kurzem in Paris und London ein zeitgemäßes Unternehmen einer ingeniösen Frau, die die Kunst des Kofferpackens als Beruf ausübt. Man wendet sich vor einer Reise an dieses Institut und es erscheint eine Angestellte, die die mitzunehmenden Gegenstände in kunstgerechter, schonender, praktischer Weise, unter äußerster Ausnutzung des Raumes in den Koffern verstaut. In diesen Städten hat die Idee bei dem Publikum begeisterten Anklang gefunden. Die Gründerin dieser Kunst-Packanstalt beschäftigt heute bereits über siebzig Damen als Packkünstlerinnen.
Ich persönlich packe meine Koffer nach der guten, alten Methode des Einstampfens. Gott ja, die Sachen werden ziemlich zerknüllt, zerbrechliche Dinge tun nicht mit und gehen kaput, man bekommt auch auf diese Weise sehr wenig in den Koffer, aber es geht schnell, ungemein schnell, und wenn man, wie ich morgens vor meiner Abreise nach der Riviera im Hotel in Mailand zwei Hausdiener, ein Zimmermädchen
Hermann Harry Schmitz: Der Säugling und andere Tragikomödien. Ernst Rowohlt Verlag, Leipzig 1911, Seite 173. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_Harry_Schmitz_Der_Saeugling.djvu/173&oldid=- (Version vom 1.8.2018)