eine Großfürstin, die in Romanen immer Anna Paulowna Fedorowna heißt und in ihrem eleganten Heim am Newski-Prospekt hinter dem Samowar sitzt, mit großen Augen in das Feuer träumt, in der wohlgepflegten Hand lässig eine Zigarette hält und leise jene schwermütige Weise vor sich hinsummt, wie sie an Sommerabenden die Mägde und Knechte auf den Gütern ihres Vaters zu singen pflegen…
Den mysteriösen Ballen hatte man zu meinem größten Leidwesen gerade über mir verstaut. Bedrohlich quoll er über das Gepäcknetz. Ich wäre gern aufgestanden und in den Seitengang des Zuges getreten, aber es ging nicht, ich war ganz eingebaut. Dann war ich auch zu bang. Richtig, wie ich befürchtet hatte, kam es auch. Bei der ersten energischen Kurve verlor der Ballen das Gleichgewicht und begrub mich unter sich. Ich kam mir vor, wie von einer Lawine verschüttet, und es dauerte eine geraume Zeit, bis ich mich wieder zum Tageslicht durchgekrabbelt hatte. Die Großfürstinnen feixten. Ich hielt das für sehr unangebracht, quälte mich aber trotzdem ab, bis ich die Lawine wieder im Netz hatte. Ja, so bin ich.
Noch viele Mal fiel der Ballen auf mich. Er tat es mit der starren Konsequenz eines unabänderlichen Prinzips, gegen welches es kein Auflehnen gibt. Von der schönen Fahrt am Mittelmeer hatte ich verflucht wenig.
Beim neunten Male grinsten die Russinnen nicht mehr, man beschaute mich mit einem gewissen menschlichen Interesse.
Als ich zum zwanzigsten Male unter der Lawine hervorkroch, frug mich eine der Damen mit dem den
Hermann Harry Schmitz: Der Säugling und andere Tragikomödien. Ernst Rowohlt Verlag, Leipzig 1911, Seite 175. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_Harry_Schmitz_Der_Saeugling.djvu/175&oldid=- (Version vom 1.8.2018)