Mauern. Alle guten Dinge sind drei. Sein erstes Hiersein lag 20 Jahre zurück. Ende 1867 sprach er erstmals in einer Versammlung im „Sonnensaal“. Sein zweiter Besuch fiel in das Jahr 1882. Damals war er hier als Reisender. Er wollte die von ihm als Drechsler hergestellten Türgriffe an den Mann bringen. Von einer Versammlung konnte wegen des Schandgesetzes damals keine Rede sein.
Jetzt war er hier, um wieder zu sprechen. Als Thema hatte er „Die politische Lage“ gewählt. Ha, wie sausten da die Hiebe auf die bürgerlichen Parteien, atemlos lauschte die Kopf an Kopf gedrängte Masse den zweistündigen, mit so beredtem Mund vorgetragenen Ausführungen, dieselben am Schlusse mit Beifallssturm und nicht endenwollenden Hochrufen belohnend. Nach der Versammlung waren wir noch einige Stunden in unserem Parteilokal gemütlich beisammen.
Den nächsten Vormittag, es war ein Sonntag, benützten wir dazu, um unserem allverehrten Führer eine hiesige Spezialität, eine Besenwirtschaft zu zeigen. Um 11 Uhr dampfte er mit dem Schnellzug nach Berlin und schon anderntags erhob er seine gewichtige Stimme im Reichstag.
Es waren wirkliche Festtage.
Sapperlott, beinahe hätte ich vergessen eines unserer Genossen zu gedenken, unseres Bahnbrechers bei den hiesigen Landtagswahlen, unseres ersten Kandidaten bei diesen Wahlen: den roten Apotheker und Pillendreher, nebenbei Dichterling, Theodor Lutz. Auch er hat sein gut Teil Verdienst an unserem Vorwärtskommen. In seiner bekannten frisch-froh-fröhlich-freien Weise hat er in einer Reihe von
Gustav Kittler: Aus dem dritten württemb. Reichstags-Wahlkreis. Im Selbstverlag des Verfassers, Heilbronn 1910, Seite 135. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gustav_Kittler_Erinnerungen_1910.pdf/135&oldid=- (Version vom 1.8.2018)