Fr. Und das Grelle das diese Gemälde haben, muß nothwendig durch den Gegenstand selbst hervorgebracht werden. Nur sollte er sich blos an Feuer die er selbst einmal gesehen hat, ich möchte sagen an alltägliche Feuer halten, die gelingen ihm in der That nicht übel, oder giebt es etwas Ausserordentliches in dieser Art darzustellen, da scheitert nun freilich seine Kunst auf eine schreckliche Weise. Können Sie Sich etwas Kleinlicheres verstellen, als diesen Ausbruch des Vesuvs, den er da gemalt hat, und doch ist das Feuer darauf nicht gespart. Sehen Sie z. B. das Meer an, das ist so ruhig, wirft solche kleine Wellen, als ob es ein Teich bei einem stillen Dörfchen wäre, und die Lichtfurchen sind so schnurgerecht wie mit dem Lineale darüber hingezogen. Doch ist es eben dies Gemälde, was dem größern Theile am meisten gefällt, wobei sie mit schauderndem Entzücken stehen bleiben.
M. Grausam muß der Herr Oldendorp auch seyn, denn bei allen Unglücksfällen die er darstellt, sehe ich keine Menschen, niemand eilt dem andern zu Hülfe, niemand flüchtet, alles ist öde und Menschenleer.
Fr. Sagen Sie ihm das ja nicht, sonst verweißt er Sie auf seine Schlacht bei Hochkirchen, wo es Menschen wie Sand am Meere gab: vor drei Jahren war sie hier zu sehen.
M. Die Pastell-Gemälde von Caffe sind diesmal recht gut, besonders ist der Griechische Pope, und der alte Tromlitz zu Leipzig gelungen. Beides sind sprechende Köpfe.
Fr. Und täuschend ähnlich.
M. Freilich so zart sind die Farben nicht aufgetragen, als bei den Pastel-Gemälden der Demoiselle Stock –
Fr. Ach! erinnern Sie mich nicht daran!
M. Warum nicht?
Fr. Ich weiß nicht, welcher böse Dämon uns für dies Jahr des Genusses beraubt hat, etwas von ihr ausgestellt zu sehen.
M. Sie hat also nichts geliefert?
Fr. Nur nichts ausgestellt, sonst ist sie eine sehr fleißige Künstlerinn, und der Reiz ihrer Gemälde ausserordentlich.
M. Wollen wir nun in dies Seitenzimmer.
Fr. Ums Himmelswillen nicht. Hier ist die Kunst nicht etwa blos in ihrer Kindheit, sie ist noch nicht einmal gebohren. Es sind Zeichenbücher einiger Schulanstalten die hier aufgehängt sind. Ihr Gustav macht sie schon zehnmal besser.
M. Aber warum erlaubt man solchen Dingen den Zutritt?
Fr. Es sollte freilich nicht seyn, vorzüglich wenn man wie hier, auf den Titel des Catalogs setzt: „öffentlich ausgestellte Kunstwerke.“ Die Kunst hat wahrlich nichts damit gemein; eher könnte man sie Handwerke nennen. Aber wenn auf der einen Seite schon jener Titel selbst nicht so prunkhaft seyn sollte, so sollte man auf der andern Seite auch nur solchen Zeichnungen und Gemälden hier Platz verstatten, die doch wenigstens das Mittelmäßige erreichten, wenn auch nicht darüber hinausgingen, irgend einer bestimmten Hoffnung entsprächen, kurz, das Auge nicht beleidigten. Das schlimmste dabei ist noch das, daß solche junge Menschen ohne Talent, weil ihre Sachen unter den Kunstwerken hängen, auch schon Künstler zu seyn glauben, und in diesem süßen Wahne oft die Erlernung der nöthigen Elementar-Kenntnisse zu ihrer dereinstigen Bestimmung bei Seite setzen, als ob sie fühlten, sie trügen einen besondern Schatz in ihrem Innern.
M. Nun, werden Sie nur nicht warm! Ich will ja dies Zimmer gar nicht sehen, und allenfalls erlauben Sie mir wohl als einem Frauenzimmer auch diese Risse und Ansichten von Gebäuden, die mich gar nicht interessiren, zu übergehen.
Fr. Es sind aber sehr gute Sachen mit darunter, von Schuricht –
M. Die mag der Kenner beurtheilen, ich bin Dilettantin.
Fr. Dilettantin? Nun da werden Sie als Dame mir erlauben, Sie zu diesem Arbeitsbeutel den Dem. Röber aus Points verfertigt hat, zu führen.
M. Ein Arbeitsbeutel unter den Kunstwerken!
Fr. Ja, Kunst heißt hier so viel als etwas künstlich verfertigtes, sonst würden diese Modelle zu Handbohr-Maschinen für feinere Wasserleitungsröhren, dies Model zu einer Hand-Mahl- und Schrot-Mühle, und dies Theebret, das seines Laks wegen ausgestellt ist, auch in diesen Zimmern keine Aufnahme gefunden haben.
M. Hier seh ich gar eine Kokosnuß, nach alter Weise und Form mit Wappen und Inschriften geziert.
Fr. Bescheiden hat der Verfertiger seinen Namen verschwiegen, aber hier betrachten Sie diese Uhrgehäuse, die der Gürtlermeister Heber selbst in der Aufschrift daran, etwas weniger bescheiden, für Meisterstücke ausgiebt.
M. Muß ich Sie, einen Rechtsgelehrten, denn belehren, daß dies nur so viel heißen soll, als die Probe die er beim Meisterwerden seiner Innung hat vorzeigen müssen.
Fr. Das ahnete mir wohl, aber ich konnte mich nicht erhalten die Benennung etwas zweideutig zu finden, ohngefähr wie den der Peniger-Sammlung neuer deutscher Original Romane, in denen man außer dem Deutschen Ursprunge, schwerlich etwas Originelles antreffen dürfte.
Unbekannt: Gespräche in den Sälen der Gemälde-Ausstellung zu Dresden (1804). Heinrich Frölich, Berlin 1804, Seite 290. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gespr%C3%A4che_in_den_S%C3%A4len_der_Gem%C3%A4lde-Ausstellung_zu_Dresden_(1804).djvu/3&oldid=- (Version vom 11.9.2024)