zu müssen. – Hier an der Casse lassen Sie Sich für einen Groschen einen Catalog geben, und wenn Sie einmal wiederkommen wollen, oder auch oft, so geben Sie nur zwei Groschen für ein Billet.
M. Die Ausgabe ist unbedeutend, aber mir gefällt dies Bezahlen bei der freisten aller Künste nicht.
Fr. Man sah sich seit etwa drei Jahren genöthigt zu diesem Mittel zu schreiten, um den Andrang der ganz gemeinen Menschen-Classe zu verhindern.
M. Aber sollte man dieser nicht gerade auch dies Vergnügen, diese Bildungsschule gönnen?
Fr. Wenn es die letztre nur wäre, ganz sicher. Aber sie ist es nicht. Für solche Gemüther bleibt das Bunte, das Grelle nur schön, das Edle spricht doch ihren Sinn nicht an. Sie hangen dem Müssiggange hier nach, verdrängen den gebildetern Schauenden, und es fallen wohl gar noch ungeziemendere Dinge vor, der unreifen Bemerkungen zu geschweigen, die manchmal ein zartes Ohr beleidigen.
M. Und das Geld –
Fr. Wird zum Armenfond geschlagen, der nöthige Aufwand wird bestritten, arme Künstler werden unterstützt.
M. Nun, so führen Sie mich vollends in den Saal.
Fr. Hier sind wir. – Eine reiche Sammlung, denn der Catalog enthält wie Sie sehen 368. Nummern; ob sie in andern Rücksichten reich sey, wollen wir sehen.
M. Wir thun wohl am besten nach den Nummern fortzugehn.
Fr. Ohnstreitig, auch schon deshalb, weil uns dann die Arbeiten der anerkanten Meister zuletzt für das viele Unbedeutende was hier etwa zu sehen seyn möchte, entschädigen werden, denn das sogenannte Professor-Zimmer schließt den Cyclus. – –
M. Das ist also die Meisner Zeichenschule! Je nun, es ist ja neuerdings allgemeine Stimme, daß das Meisner-Porzellan sich am meisten nur durch Feinheit der Masse auszeichne.
Fr. Leider haben wir heuer eine Zierde der sonstigen Ausstellungen, ich weiß nicht weshalb, entbehren müssen, ich meyne wirkliches Meisner-Porzellan, und Figuren und Gruppen in Biscuit. Das bessere wurde davon immer hier ausgestellt, und da würden Sie in Hinsicht der Feinheit und zarten Behandlung der Malerei, und der Richtigkeit und guten Ordnung der Figuren und Gruppen, wohl vortheilhafter als jetzt geurtheilt haben.
M. Doch diese Gruppe in Gyps, von Weger, den Athlet Milo von Krotona darstellend, wie er von dem Löwen angefallen wird, könnte mir schon ein gutes Vorurtheil einflößen.
Fr. Sie ist auch in der That recht brav. Die doppelte Anstrengung des Körpers die Hände aus dem Baume in dem sie eingeklemmt sind zu reißen, und den Löwen von sich gleichsam wegzustoßen, ist gut gehalten, der Ausdruck des Kopfes sehr bedeutend, und die Zeichnung und Stellung untadelhaft.
M. Lassen Sie uns schnell dorthin eilen. Schillers Mädchen aus der Fremde, eine Zeichnung von G. V. Schnorr.
Fr. Unser Schnorr verläugnet sich doch nie. Welche zarte Dichtung in dieser einfachen Zeichnung! Wie wahr ist des Dichters Gedanke wiedergegeben. Nur gefallen mir die gewaltigen Flügel an dem Genius nicht.
M. Es ist überhaupt mit den Flügeln der Genien etc. eine sonderbare Sache. Die leichten Psychen-Flügel passen nicht für alle, und kommen dann die größern Cherubs-Schwingen, so begreift man erstlich nicht wie sie, mögen Sie auch aus noch so leichtem Stoffe gewebt seyn, an der kleinen Stelle wo sie aufsitzen; haften können, und dann bekommt zweitens oft die ganze Gestalt dadurch etwas Unförmliches, weicht von der menschlichen zu sehr ab. Wie breit wird nicht zum Beispiel dieser Genius dadurch.
Fr. Sie haben nicht unrecht, und werden Ihre Bemerkung, wenn wir ins Professor-Zimmer kommen, durch einen Amor von Tischbein noch mehr bestätigt finden. –
M. Nun wahrhaftig, wenn auch die drei Herrn zu Pferde da, der Bereuter Richter und seine zwei Söhne in Leipzig, getroffen sind, so ist es doch so abentheuerlich als möglich, alle drei zu Pferde in ein und derselben Stellung, und die Pferde wieder, in ein und derselben Stellung zu malen. Es sieht beinah aus wie auf den Bilderbogen der Kinder die Soldaten, die auch einer, wie der andre hintereinander herreiten.
Fr. Und die Anordner scheinen sie ordentlich zur Satyre auch gerade nebeneinander gehängt zu haben.
M. Sehen Sie die Wand dort brennen?
Fr. Ja, das ist ein sehr feuriger Pinsel. Von Herrn Oldendorp sieht man nichts als Feuersbrünste. Schon seit fünf bis sechs Jahren hat er in allen Gestalten und Formen die Ausstellung damit beschenkt.
M. Das kann man ihm denn doch nicht absprechen, daß er die verschiedenen Wirkungen der verschiedenen Arten des Feuers ziemlich in seiner Gewalt hat.
Unbekannt: Gespräche in den Sälen der Gemälde-Ausstellung zu Dresden (1804). Heinrich Frölich, Berlin 1804, Seite 289. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gespr%C3%A4che_in_den_S%C3%A4len_der_Gem%C3%A4lde-Ausstellung_zu_Dresden_(1804).djvu/2&oldid=- (Version vom 11.9.2024)