Da ich den Kuß des Friedens bekam, war ich ganz außer mir u. sehr beschämt, u. wie mir vollends auf dem Saal zu Muthe war, das weiß der Heyland u. ihr Seine Zeugen. Ich bin noch jezt wie in Thränen zerfloßen u. habe die Nacht vor Freude wenig schlafen können. Das ist eine selige Zeit für mich. O was für ein glückliches Loos hat mich getroffen, daß ich in meinen grauen Haaren so gesegnet bin! Ich kan euch vor Thränen nicht mehr schreiben, wie mir ist, das werdet ihr selbst fühlen, wie es einem Herzen seyn kan, dem eine solche unvermuthete Gnade widerfahren ist. Du, mein lieber Bruder Joseph, hast müßen um meinetwillen nach Berlin kommen, das kan ich sagen. Behaltet mich in eurem Liebes-Andenken, daß ich möge als ein gebeugter Sünder bey den blutigen Füßen ganz zerfließen u. da bleiben.
Ach gib mir, mein lieblicher Heyland, balde Deinen heiligen Leichnam u. Dein heiliges Blut zu genießen mit Deiner lieben Gemeine; dann wolte ich gerne gleich heimgehen,
: Gemein-Nachrichten 1765,2. , Herrnhut 1765, Seite 174. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:GN.A.110_Gemein-Nachrichten_1765,2.pdf/178&oldid=- (Version vom 12.12.2024)