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Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 7 (1912).djvu/232

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7

in Rüdesheim. Was das letzte Attentat anlangt, so erübrigt es sich wohl, mich hierüber weiter zu äußern. Die Verhandlung hat nicht das mindeste ergeben, was für die Beteiligung des Reinsdorf an diesem Verbrechen spricht. Es bleiben also die Attentate auf dem Niederwald und in Elberfeld. Bezüglich des Niederwalddenkmals haben mir meine Herren Mitverteidiger meine Aufgabe wesentlich erleichtert. Bezüglich des Attentats in Elberfeld teile ich vollständig die Auffassung des Herrn Rechtsanwalts Dr. Seelig. Jemand, der in einer volkreichen Stadt morden will, sucht sich nicht ein menschenleeres Zimmer aus. Reinsdorf leugnet, den Bachmann angestiftet zu haben, und wir haben keinen Grund, diese Behauptung ihm nicht zu glauben, denn es wäre eigentümlich, daß er das große Verbrechen eingesteht und das kleinere leugnet. Das Attentat auf dem Niederwald hat das eigentümliche, daß ein objektiver Tatbestand nicht vorhanden ist. Wir haben davon nur Kenntnis durch die Aussagen der dabei beteiligt gewesenen Rupsch und Küchler. Ich glaube, der Herr Vertreter der Oberreichsanwaltschaft hat sich seine Aufgabe etwas zu leicht gemacht. Er erachtet den Rupsch für schuldig auf Grund der Aussagen des Küchler, und den Küchler auf Grund der Aussagen des Rupsch. Ich bin der Meinung, wenn man sich auf diesen Standpunkt stellt, dann darf man beiden nicht glauben. Glauben darf man ihnen nur, insoweit ihre Aussagen übereinstimmen. Und was bekunden sie übereinstimmend? Daß sie das Gefäß in die Dränage gelegt und die Zündschnur und den Schwamm daran befestigt haben. In allen übrigen Punkten gehen ihre Aussagen auseinander. Beide besitzen einen Bildungsgrad, der sie nicht unterscheiden läßt, was zu ihrer Entlastung dient. Die Aussagen von Rupsch und Küchler bilden aus diesem Grunde ein Gewirr von Wahrheit und Unwahrheit, daß der unparteiische Richter nur schwer ermessen kann, wo die Wahrheit beginnt und die Unwahrheit aufhört. Es ist immerhin sehr gewagt, auf Grund einer Aussage eines Mitgefangenen

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 228. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_7_(1912).djvu/232&oldid=- (Version vom 24.7.2024)