Zum Inhalt springen

Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 7 (1912).djvu/233

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7

ein Urteil abzugeben. Man kann wohl auf die Aussage eines einzelnen Menschen, wenn er glaubwürdig ist, drei Menschen zum Tode verurteilen, nicht aber auf Grund einer unbeeideten Aussage eines Mitgefangenen. Nun kommt allerdings das Zeugnis Palms hinzu. Ich muß aber bekennen, und der hohe Gerichtshof scheint ja diese Auffassung zu teilen, ich messe allen acht Angeklagten mehr Glauben als dem Zeugen Palm bei. Jedenfalls steht soviel fest, dem Rupsch, der gleich von Anfang an die Aussage wie hier gemacht hat, ist mehr Glauben beizulegen als dem Küchler. Nimmt man das aber an, dann muß man zu der Annahme gelangen, daß nur eine vorbereitende Handlung zum Hochverrat vorliegt. Das Dynamit und die Zündschnur waren gelegt, etwas weiteres ist nicht erwiesen. Dies sind aber nur vorbereitende Handlungen zum Hochverrat. Der Versuch ist erst dann gemacht, wenn die Zündschnur angesteckt ist. Solange dies nicht geschehen ist, sind bloß vorbereitende Handlungen zum Hochverrat begangen. Wenn jemand irgendwo einsteigt, um zu morden, so ist das bloße Einsteigen kein Mordversuch. Ich gehe nun zu der Frage der Anstiftung über. Man wird sagen, wie kann man in dieser Beziehung noch ein Wort verlieren, nachdem Reinsdorf sich so offen als schuldig bekannt hat. Allein man darf nicht vergessen, daß ein Schuldbekenntnis immer noch nicht überzeugend für die Schuld des Angeklagten spricht. Daß Reinsdorf sagt: er scheue sich nicht, das Schaffot zu besteigen, ist erklärlich, wenn man erwägt, daß er als völlig brustkranker Mensch ohnehin nicht mehr lange zu leben hat. Warum soll er in solchem Falle einem Tode im Zuchthause nicht ein sofortiges Sterben auf dem Schaffot vorziehen, um so mehr, da er annimmt, daß seiner Sache dadurch gedient ist und er berühmt wird. Diese seine Äußerung: er wisse, daß er hingerichtet werde, spricht also noch nicht für seine volle Schuld? Herostrat wäre, wenn er bloß vor Gericht gesagt hätte er habe den Tempel der Diana zu Ephesus

Empfohlene Zitierweise:
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 229. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_7_(1912).djvu/233&oldid=- (Version vom 24.7.2024)