Zum Inhalt springen

Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 5 (1912).djvu/87

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 5

des Dr. Ries. Ich muß offen bekennen, ich finde es unerklärlich, wie ein Mann von der Bildung und sozialen Stellung des Dr. Ries sich soweit vergessen konnte. Ich gebe zu, Dr. Ries fühlte sich verletzt. Aber dadurch, daß er darauf los schrieb, ohne sich irgendwie zu erkundigen, ob seine Vermutungen wahr seien, hat er sich auch fast der Verleumdung wider besseres Wissen schuldig gemacht. Daß er nicht bloß aus Rachsucht gehandelt hat, geht aus dem Artikel, der eine schwere Beleidigung des Landrichters Haake enthält, hervor. Allein Dr. Ries hat in der Tat aufrichtige Reue empfunden. Wenn ich auch der Meinung bin, daß den Dr. Ries eine Freiheitsstrafe treffen muß, so will ich doch das Strafmaß dem hohen Gerichtshof anheimstellen. – Anders dagegen ist der Angeklagte Biermann zu beurteilen. Ich halte es für notwendig, im Interesse der öffentlichen Wohlfahrt gegen diesen auf eine hohe Strafe zu erkennen. Ich ersuche daher den hohen Gerichtshof, gegen Biermann zum mindesten nach dem Antrage des Herrn Ersten Staatsanwalts zu erkennen. – Der Verteidiger Rechtsanwalt Dr. Sprenger suchte nochmals darzutun, daß die Behauptung, Biermann hatte bloß die Tendenz, Leute, die im öffentlichen Leben stehen, mit Schmutz zu bewerfen, in der Luft stehe. Ein Beweis sei hierfür nicht erbracht. Noch weniger könne von einem fortgesetzten verbrecherischen Willen die Rede sein. – Der Erste Staatsanwalt teilte darauf mit, es sei amtlich festgestellt, daß Leutnant v. Stutterheim eines natürlichen Todes gestorben sei. Der Vert. R.-A. Greving suchte darzutun, daß den Angeklagten Dr. Ries eine Freiheitsstrafe sehr hart treffen würde. Der Verteidiger wies auf die hohe Begabung und Charaktereigenschaften des Dr. Ries hin, der aufrichtige Reue empfinde und ersuchte den Gerichtshof, ein Urteil zu fällen, das dem Angeklagten die Möglichkeit gäbe, sich eine neue Lebensstellung zu schaffen. – Die Angeklagten erklärten, daß sie sich den Ausführungen ihrer Verteidiger anschließen. – Nach längerer Beratung

Empfohlene Zitierweise:
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 5. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 83. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_5_(1912).djvu/87&oldid=- (Version vom 26.5.2024)