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Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 5 (1912).djvu/85

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 5

der Angeklagte Biermann als Bewohner Oldenburgs in Wahrnehmung berechtigter Interessen gehandelt habe und jedenfalls die Behauptung, Gymnasialdirektor Früstück sei, weil er dem Minister Geld geliehen, befördert worden, für wahr gehalten habe. Daß Biermann den Artikel aus bloßer Skandalsucht aufgenommen habe, um sein Blatt interessant zu machen und Abonnenten zu gewinnen, sei eine bloße Vermutung, für die jeder Beweis fehle. Er schließe daher mit dem Antrage, den Angeklagten Biermann freizusprechen. – Vertreter des Nebenklägers, Rechtsanwalt Wisser (Oldenburg): Ich bin erstaunt, daß der Herr Verteidiger Biermanns mit Bezug auf den „Residenzboten“ von einem politischen Blatte gesprochen hat. Ich habe die Überzeugung: jedes politische Blatt ohne Unterschied der Parteirichtung würde es sich ganz energisch verbitten, mit dem „Residenzboten“ auf eine Stufe gestellt zu werden. Der „Residenzbote“ ist keine politische Zeitung, sondern ein Skandalblatt allerniedersten Ranges, das bloß die Tendenz verfolgt, Leute, die im öffentlichen Leben stehen, mit Schmutz zu bewerfen, um dadurch recht interessant zu sein. Nicht um Aufdeckung öffentlicher Schäden ist es dem „Residenzboten“ zu tun, lediglich Skandalsucht ist sein Leitmotiv. Der beste Beweis hierfür sind ja die hier zur Anklage stehenden Artikel. Der Angeklagte Biermann nahm Artikel auf, ohne irgendwie sich zu erkundigen, ob die darin aufgestellten Behauptungen wahr seien. Daß ein Wahrheitsbeweis auch nur im entferntesten geführt worden ist, bestreite ich. Es ist lediglich festgestellt worden, daß hier in einem Klub fröhlicher junger Leute zum Zwecke der Unterhaltung gejeut worden ist, und daß auch damals in jungen Jahren der jetzige Herr Minister an diesen Spielen teilgenommen hat. Es ist außerdem nachgewiesen worden, daß das Spielen sich in einer gewissen Grenze gehalten hat. Eine wirtschaftliche Gefahr ist nicht entstanden. Die Spielschulden sind in diesem Klub nicht als Ehrenschulden angesehen worden, sondern man gewährte

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 5. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 81. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_5_(1912).djvu/85&oldid=- (Version vom 26.5.2024)