die Ermordung erfolgt ist, ohne daß das Kind geschrieen hat?
Professor Dr. Köster: Das ist wohl möglich. Es kommt hierbei vollständig auf die Art des Ueberfalls an. Wenn der Mörder das Kind von hinten gegriffen, ihm den Mund zugehalten und sofort den Hals abgeschnitten hat, dann ist es selbstverständlich nicht möglich, daß es einen Laut von sich gegeben hat.
Geheimer Regierungs- und Medizinal-Rath Dr. Kirchgäßer schließt sich diesem Gutachten an.
Präsident: Es ist mir von den verschiedensten Seiten geschrieben worden, daß der Mord vielleicht dadurch geschehen ist, daß die Kinder „Hinrichtung“ gespielt haben. Mir ist von einem solchen Spiel nichts bekannt, ich ersuche den Herrn Bürgermeister Schleß, uns zu sagen: ob das Hinrichtungsspiel etwa von Xantener Kindern gespielt wird?
Bürgermeister Schleß: Ich habe niemals von einem Hinrichtungsspiel etwas gehört. – Die medizinischen Sachverständigen bekunden, daß sie es für ausgeschlossen halten, daß das Kind durch das Hinrichtungsspiel der Kinder zu Tode gekommen sei.
Es erscheint hierauf als Zeugin Dienstmagd Mauritz: Diese bekundet auf Befragen des Präsidenten: Einige Wochen nach dem Morde ging Buschhoff mit seinem Sohn Siegmund die Cleverstraße entlang. Ich ging etwa 2 bis 3 Schritte dahinter. Als Buschhoff und Sohn gerade vor dem Hallmann’schen Laden vorübergingen, da sagte der Sohn zu seinem Vater: „Wenn es nur nicht auskommt.“ – Präsident: Wußte Buschhoff, daß Sie hinter ihm gingen? – Zeugin: Als Siegmund Buschhoff dies gesagt hatte, da sah der alte Buschhoff ängstlich hinter sich, ob Jemand in der Nähe sei. Als er mich sah, erschrak er und zog seinen Sohn ängstlich an sich. – Präs.: Hat Jemand außer Ihnen das Gespräch noch gehört? – Zeugin: Ja, der Kutscher von Hallmann muß es gehört haben. – Präs.: Woraus entnahmen Sie das? Zeugin: Der Kutscher stand gerade vor der Thür und lachte. – Präs.: Aus diesem Lachen entnehmen Sie, daß der Kutscher die Aeußerung gehört hat? – Zeugin: Ja. – Präs.: Buschhoff, was sagen Sie dazu? – Buschhoff: Ich weiß nichts davon. – Präs.: Zeugin, Sie haben diese Ihre Wahrnehmung erst gestern dem Herrn Amtsrichter mitgetheilt? – Zeugin: Jawohl.
Präs.: Weshalb haben Sie nicht früher Anzeige gemacht,
Hugo Friedländer: Der Knabenmord in Xanten vor dem Schwurgericht zu Cleve vom 4. bis 14. Juli 1892. W. Startz, 1892 Cleve, Seite 91. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Der_Knabenmord_in_Xanten_(1892).djvu/91&oldid=- (Version vom 31.7.2018)