doch nich Ihr Mann?“ Na – da hatten wir ja nu die Geschichte! Fürchterliches Blutspucken un – un was nich alles. Nachher – da lag sie denn nu da, blaß wie der Tod, un – un streichelte mir immer so über die Hand – meine Hand durft ich gaanich wegnehmen – un sagte: „Mein armer Hannis, wie solls du das bloß aushalt’n; du bis ja auch man schwach – du lieber Gott: drei Monat! Aber – verlier man nich den Mut, hörs du?“ Das hat sie woll drei, viermal gesagt: „Verlier man nich den Mut“, un denn war sie gans still – un als ich nachsah – da war sie tot. (Er hat die letzten Worte mit thränenerstickter Stimme gesprochen. Längere Pause.)
Scharff (geht zu Stein und reicht ihm die Hand): Ich habe Ihre Frau während ihrer Krankheit kennen gelernt, Herr Stein, sie war die bravste Frau und liebevollste Mutter, die mir je begegnet ist. Ich kanns bezeugen.
Stein (innig): Ja – ja – danke, Herr Doktor – dafür, dafür danke ich Ihnen (Scharff die Hand schüttelnd:) Aber daß die drei Monat – daß die ihr noch die letzte Stunde verbittert haben – (auf die Brust klopfend:) das sitzt mir hier – un das will nich weg! – Un nu will ich Ihnen auch sagn, Herr Behring, warum ich auch noch hauptsächlich zu Ihnen gekommen bin. Wir hab’n also ’n Freidenkerbund gebildet un habn beinah schon hundert Mitglieder. Wir lassen unse Kinder nich taufn – un nich konfermiern un wir lassen uns nich von’n Paster
Otto Ernst: Die größte Sünde. Conrad Kloss, Hamburg 1895, Seite 106. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ernst_Die_groesste_Suende.djvu/112&oldid=- (Version vom 31.7.2018)