mit der Bibel. Ich las un las immer weiter – un las denn nu ja auch andere Bücher – lesen hatt’ ich immer schon gern gemocht – un als denn nu ers so ein Stein lose gewordn war, da, meine Herrschaft’n, da brach denn auch eines schönen Tags der ganse Kram zusammen! Na also gut: nu wollt ich ja meine Kinder nich mehr taufn lassen. Das Leb’n hättn Sie sehn soll’n! Seit dem Momang hatt ich nu nix – aber auch rein gaanix mehr zu thun. Wir hatt’n schließlich nich mehr das liebe Brot im Hause. Aber nachgeb’n wollt’ ich nich. E’er bind’n wir uns alle ’n Stein um ’n Hals un gehn ins Wasser: Das hatt’ ich mir zugeschwor’n.
Scharff: Und was sagte denn Ihre Frau dazu?
Stein: Meine Frau war auch gans einig mit mir, jaa – (zu Magdalene:) gans einig. Na, ’n Zeitlang konnt’ ich das noch mit anseh’n; denn mein Vetter aus Berlin schickte mir was; aber das konnte ja auch nich ewig so gehn. Nu wurdn unse Kinder krank – un da verlorn wir – ja da habn wir in Zeit von nich ganz ’n Vierteljahr vier Kinder verlorn. Ja, da könn’n sich denken, was das für ’ne Zeit war für meine arme Frau. Aber sie hat den Kopf hochgehaltn, – jaa – das hat sie! „Hannis“ hat sie gesagt, „mach’ du dir man keine Vorwürfe; laß die sich Vorwürfe machen, die da Schuld an sind. Wenn es ’n lieben Gott giebt, dann will er auch gewiß nich, daß wir scheinheilige Heuchler sein sollen.“ Sie konnte das mit so ’ner
Otto Ernst: Die größte Sünde. Conrad Kloss, Hamburg 1895, Seite 104. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ernst_Die_groesste_Suende.djvu/110&oldid=- (Version vom 31.7.2018)