Laster uns, wider unsern Willen, zu Mitschuldigen machen kann!
Claudia. Fasse dich! – Sammle deine Gedanken, so viel dir möglich. – Sag’ es mir mit eins, was dir geschehen.
Emilia. Eben hatt’ ich mich! – weiter von dem Altare, als ich sonst pflege, – denn ich kam zu spät – auf meine Knie gelassen. Eben fieng ich an, mein Herz zu erheben: als dicht hinter mir etwas seinen Platz nahm. So dicht hinter mir! – Ich konnte weder vor, noch zur Seite rücken, – so gern ich auch wollte; aus Furcht, daß eines andern Andacht mich in meiner stören möchte. – Andacht! das war das schlimmste, was ich besorgte. – Aber es währte nicht lange, so hört’ ich, ganz nah’ an meinem Ohre, – nach einem tiefen Seufzer, – nicht den Namen einer Heiligen, – den Namen, – zürnen Sie nicht, meine Mutter – den Namen Ihrer Tochter! – Meinen Namen! – O daß laute Donner mich verhindert hätten, mehr zu hören! – Es sprach von Schönheit, von Liebe – Es klagte, daß dieser Tag, welcher mein Glück mache, – wenn er es
Gotthold Ephraim Lessing: Emilia Galotti. Christian Friedrich Voß, Berlin 1772, Seite 45. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Emilia_Galotti_(Lessing_1772).djvu/45&oldid=- (Version vom 31.7.2018)