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Seite:Dresdner Geschichtsblätter Vierter Band.pdf/98

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XV. Jahrgang          1906          Nr. 3.


Von diesen Blättern erscheinen jährlich 4 Nummern im Umfange von 1½ bis 3 Bogen. Bestellpreis für den Jahrgang
3 Mark. Die Vereinsmitglieder erhalten die Blätter unentgeltlich zugesandt.


Dreißig Jahre Dresdner Kunstausstellungen (1801 bis 1830).
Eine kunstgeschichtliche Studie von Ernst Sigismund.

1. Allgemeine Gesichtspunkte.

Ausstellungen können verschiedenartige Zwecke verfolgen. Sie sind entweder rückblickend oder vorwärtsweisend.

Bieten sie nur das, was unter festen, schon gegebenen Voraussetzungen in heißem Schweiße erarbeitet wurde, dann sind sie nichts als bloße Rechenschaftsberichte, gleichsam die Summa, die reinliche Abrechnung, die unter eine Reihe von Posten gesetzt wird, und bei der es lediglich darauf ankommt, daß alles stimmt.

Weit höher einzuschätzen sind natürlich die vorwärtsweisenden Ausstellungen. Hier hat sich eine Anzahl selbständiger Geister vereinigt, die, losgelöst – zwar nicht von den gegebenen Verhältnissen, aber von dem Drucke engender Regeln, Neues schaffen, Bleibendes, das andre nicht nur erfreut, sondern auch anregt und fördert. Solche Förderung kommt aber nicht allein den Gleichstrebenden zu gute; auch der Geschmack der größeren Menge wird wesentlich dadurch beeinflußt.

Die Dresdner Kunstausstellungen der Jahre 1801 bis 1830 zeigen uns beide Stadien der Entwicklung. Schon dieser Umstand läßt sie größerer Beachtung wert erscheinen. Aber noch andere Tatsachen rücken gerade diese drei Dezennien in den Mittelpunkt des Interesses. Das Jahr 1801 empfiehlt sich als Ausgangspunkt, weil aus diesem Jahre das erste bekannt gewordene gedruckte Verzeichnis der aufgestellten Werke vorliegt, das einen Gesamtüberblick über die Bestrebungen und Leistungen der Ausstellung zuläßt. Und die Jahre bis 1830 bilden deshalb eine für weitere Betrachtung geeignete Zeitspanne, weil in diesen Jahren unsere größten neueren heimischen Meister ihren Entwicklungsgang durchmachten und in ihnen sich jener Übergang aus dem alten in den neuen Zeitgeist vollzog, der gerade in Dresden charakteristische Vertreter fand. Beides soll die folgende Untersuchung beweisen.

Geschichtliche Voraussetzungen, Beginn und Dauer der Ausstellungen.

Ehe auf die Schilderung der Ausstellungen selbst eingegangen wird, sei ein kurzer geschichtlicher Überblick, der in das 18. Jahrhundert zurückführt, vorausgeschickt.[1]

Durch Reskript des kursächsischen Administrators Xaver vom 6. Februar 1764 ward die Dresdner Akademie, deren Plan schon der frühverstorbene Kurfürst Friedrich Christian genau erwogen hatte, ins Leben gerufen, und gleichzeitig wurden die Zeichenschulen zu Leipzig und Meißen von ihr abgezweigt. Der verdienstvolle Kunstkenner und -forscher Christian Ludwig von Hagedorn war nicht nur der offizielle, sondern auch der geistige Leiter des Unternehmens. Auf seine Vorschläge geht die gesamte Einrichtung der Akademie zurück. Die Professoren waren darnach u. a. verpflichtet, jährlich wenigstens einen Schüler aus Kursachsen zu unterweisen, sowie beim Amtsantritt und dann alljährlich ein Werk für die kurfürstlichen Kabinets unentgeltlich zu liefern. Die „also gefertigten Werke der Kunst“ – so heißt es


  1. Vgl. M. Wießner, „Die Akademie der bildenden Künste zu Dresden von ihrer Gründung 1764 bis zum Tode v. Hagedorns 1780“ (Dresd. 1864) S. 36–40, 80f. Einige ungenaue Angaben Wießners sind im Nachstehenden berichtigt.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 4 (1905 bis 1908). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1905 bis 1908, Seite 93. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Vierter_Band.pdf/98&oldid=- (Version vom 7.1.2025)