Platz, wie ihn heute die Germania, das Sinnbild neuer deutscher Größe und Reichsherrlichkeit, beherrscht. Der Markt, trotz der Einengung durch das Rathaus, und anderseits das Rathaus selbst waren groß genug für die kleine Stadt. Als aber die Stadt mehr und mehr zur ständigen Residenz der Landesfürsten wurde, dünkte diesen der Platz nicht mehr groß genug für den Markt einer Residenz, der auch Schauplatz fürstlicher Prachtentfaltung sein sollte. Und das zum Absolutismus erstarkte Fürstentum befahl einfach den Abbruch des Rathauses. Nun ist allmählich mit der gewaltig wachsenden Stadt der weite Markt für das Rathaus zu eng geworden und es muß seinen natürlichen Platz verlassen und in freierer Gegend einen Raum sich suchen, wo es sich mehr ausdehnen kann.
Der Markt, im Mittelalter auch Ring genannt, heißt erst seit Herstellung des neuen Marktes an der Frauenkirche unter Kurfürst Moritz zur Unterscheidung der Alte Markt. Er gehörte sicher zu den ältesten Teilen der Stadt, da er ja ein Hauptkennzeichen der Stadteigenschaft eines Ortes überhaupt war. Auch seiner ganzen Anlage nach ist er mit der Gründung der Stadt aufs engste verwachsen. Von der Brücke her, die jedenfalls gleichzeitig mit Burg und Stadt entstand, ging in gradliniger Fortsetzung an der Burg vorbei ein Straßenzug bis ans andere Stadtende, an dem sich in der Mitte der große rechteckige Markt anlegte. Brücke und Markt gehörten zusammen, wie Mittel und Zweck. Der Zweck war, Handel und Wandel in das Land zu leiten, um es der Kultur zu erschließen. Dazu begründete der Markgraf, der Herr der Burg, unter dem Schutze der Burg einen Markt mit einer Stadt. Für solche planmäßige Gründung spricht die regelmäßige Gestalt des Marktes und die Art, wie er bestimmend auf die Gliederung der ganzen Stadt wirkte: von ihm als Mittelpunkt ausgehend breitete sich die Stadt spinnennetzartig nach allen Seiten aus; an jeder Marktecke gabeln sich zwei Gassen ab und zwischen diesen an jeder Marktseite je eine Gasse, die alle konzentrisch von weiteren Gassen geschnitten werden. Auch der Marktzoll, der an den Markgrafen zu entrichten war, deutet auf landesherrliche Gründung des Marktes hin. Dieser Marktzoll wurde bereits 1271 von dem erstarkten Bürgertum gegen eine ansehnliche Beisteuer zum Seußlitzer Klosterbau abgelöst.
Also von Ursprung an war das Wesentliche an dem Platze seine Markteigenschaft, die ihm auch den Namen gegeben hat. War ja auch das Rathaus ursprünglich Kaufhaus, bis aus der rein landesherrlichen Verwaltung eine selbständige städtische Behörde herausgewachsen war, die das Kaufhaus mehr und mehr in Anspruch nahm und allmählich ganz ins Rathaus umwandelte. Aus den oberen Stockwerken wurden die Gewandbänke für den Tuchverkauf ins Erdgeschoß verwiesen, bis sie auch daraus verschwanden, als 1591 am Neumarkt wieder ein besonderes Kaufhaus gebaut worden war. Um das Rathaus herum aber blieben ständige Verkaufsbuden und -Bänke bis zu seinem Abbruch bestehen. Der Marktplatz selbst diente seinem Zwecke in Wochenmärkten und Jahrmärkten. Der Wochenmarkt fand Montags statt und seit der Vereinigung mit Altendresden 1549 auch Freitags. Während der Dauer des Marktes bis 11 Uhr vormittags war an einer Stange der Marktwisch aufgesteckt, das Zeichen des Marktfriedens. Erst im Jahre 1845 verschwand dieses alte Sinnbild der Marktgerechtigkeit aus dem Bilde des Markttreibens. Die verschiedenen Arten der Marktwaren hatten ihre bestimmten Plätze, nach denen einige Teile des Marktes besondere Namen führten, die Holzecke an der Badergasse nach dem Holzmarkt und die Vogelecke an der Wilsdruffer Gasse nach den dort feilhaltenden Vogelhändlern (auch die heutige Löwenapotheke hieß bis ins 18. Jahrhundert Vogelapotheke). Außer den Dresdner Gewerbetreibenden beschickten den Markt namentlich die Bauern der Umgegend, die Lebensmittel hereinbrachten. Auch Kleinvieh wurde auf dem Wochenmarkte verkauft. Der mit dem Wochenmarkt verbundene Getreidemarkt wurde 1766 wegen Raummangels vom Altmarkt nach der Breiten Gasse verlegt. Bei dem Bauer konnte der Bürger seinen Bedarf an Lebensmitteln unmittelbar decken; daneben war auch der Zwischenhandel, die Hökerei, zugelassen. Die lebhafte Gemütsart, deren sich die Hökerinnen allezeit erfreuten, wird wohl manchmal das bunte Markttreiben noch bunter gestaltet haben; sehr bunt trieben sie es einmal im Jahre 1680: sie stritten sich, und zwar nicht zum erstenmal, um die besseren Marktplätze, aus dem Streit wurde fast ein Kampf, in den die Ratsknechte mit schlichtendem Wort und strafender Tat eingriffen. Soldaten aber verteidigten ihre Weiber, die Hökerinnen, gegen die Widersacherinnen wie gegen die Beamten. Erst dem Generalwachtmeister v. Schönberg gelang es, des Tumultes Herr zu werden und die Ruhe wieder herzustellen. Das dichte Gewühl des Wochenmarktverkehrs hat Canaletto in einem seiner Marktbilder geschildert, mit scharfem Griffel, der das äußere Leben in seiner Mannigfaltigkeit fest zu packen versteht. Die neuzeitliche Entwickelung des Marktwesens hat den Wochenmarkt vom offenen Platze in große bedeckte Markthallen gewiesen. Mit der Eröffnung der Markthalle auf dem Antonsplatz im Juli 1893 wurde der Wochenmarkt auf dem Altmarkt zunächst auf den Großverkehr mit Wald-, Feld- und Gartenfrüchten eingeschränkt und mit der Eröffnung der Hauptmarkthalle am 9. Dezember 1895 ganz eingezogen. Von dem alten Wochenmarkt ist als freundlicher Rest nur noch der den Altmarkt anmutig belebende
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 4 (1905 bis 1908). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1905 bis 1908, Seite 3. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Vierter_Band.pdf/6&oldid=- (Version vom 3.1.2025)